Folkwang

Ungirling | Meret König
Ungirling | Foto: Joe Bauer
Ungirling | Foto: Joe Bauer
Ungirling | Foto: Joe Bauer
Ungirling | Foto: Joe Bauer
Ungirling | Foto: Joe Bauer
Ungirling | Foto: Joe Bauer
Ungirling | Foto: Joe Bauer
Ungirling | Foto: Joe Bauer

Ungirling - ein Physical Theatre Solo mit integrierter, kreativer Audiodeskription

"Ungirling" von und mit Meret König ist ein Physical Theatre Solo in Episoden. Begleitet wird das Stück durch die Komponistin Katrin Meier. Außerdem wird von der Konzeption bis zur Aufführung eine kreative, integrierte Audiodeskription mitgestaltet und als künstlerisch essentielles Mittel eingesetzt. Das Stück ist eine Reihe von Versuchen (Episoden), sich als nonbinäre Performer*in den Potenzialen oder Facetten der eigenen Girlhood und Ungirlhood anzunähern, um schlussendlich das Prisma der eigenen queeren Identität aufzufächern, ja, zu feiern.
Premiere war am 14.03.2024 im Pina Bausch Theater der Folkwang UdK.

Relevanz

Das Stück hat nicht nur eine autobiografische Dringlichkeit, da sich Meret König mit Aspekten der eigenen (Girl-)Identität beschäftigt, die oft Gefühle von Scham oder Gender Dysphorie ausgelöst haben, sondern gleichzeitig wird ein universales Stück über Identität geschaffen, welches insbesondere Gender als Prisma, also eine Verschaschtelung von Möglichkeiten versteht. Wir schließen uns hiermit einem queer-feministischen Diskurs an, der unter anderem von Philosoph*innen wie Paul B. Preciado oder Andrea Long Chu geprägt wird. Es geht nicht darum, Identität auf eine fixe Wahrheit festzulegen, sondern im Gegenteil mehr Spielraum für den eigenen Ausdruck zu erschaffen. Daher plädiert dieses Stück für einen Prozess des "Ungirling", einem Auffalten, Auffächern von Identitäten, welche alle prozesshaft innerhalb einer Person stattfinden.

Projektbeschreibung

In dem autofiktionalen Stück "Ungirling" stellt sich Meret König (nonbinäre Performer*in) den Girls, un-girls, anti-girls, die Meret war, nicht war, nicht sein wollte und trotzdem war, sein wollte aber sich nie traute zu sein.
Zum Beispiel dem horse-girl-tom-boy.
What about that time I anti-girl-ed so hard I ended up toxic boy-ing? What about girl-ing for others, anti-girl-ing out of spite, always out-girl-ing myself?
Und dann ist da noch dieser Körper. Wie ein Haus in dem es spukt. Wie ein Berg der nicht auszuhaltenden Weichheit. Wie eine Wahrheit, scheinbar, vor der es kein Entrinnen gibt. Wie eine Lüge, die andere einem erzählen. Es spuken die Geister der Girls und Un-girls darin. Kassandra Körper, denen man ihre Schmerzen nicht glaubt. Körper, die sich wie offene Wunden fühlen. Als Non-binäre Perfomer*in stellt sich Meret jetzt den eigenen Girls, aber auch dem Archetyp*innen von Girls, fragt, wie sich letztere in den Körper eingeschrieben haben.
“We are all born naked and the rest is drag”. Die Kunstform Drag ist auch Teil des Stückes, um eines der hyperfemininen girls zu verkörpern, als weitere Strategie der theatralischen Annäherung. Der Prozess des "sich Stellens" findet über die Verkörperung, über das Verwandeln und Zurückverwandeln statt. Indem Meret sie performt, werden die girlies erlebt, vielleicht kann sich sogar mit ihnen versöhnt werden. Das Stück ist aufgebaut als eine Reise durch verschiedene Figuren und Momente von Body Horror und Entfremdung.
Am Schluss bleibt nur, dass wir eben nicht nur das eine, sondern auch so viel mehr sein können.

Integrierte, kreative Audiodeskription

Für dieses Projekt wurde eine integrierte Audiodeskription, bzw. eine Dramaturgie entwickelt, welche für blindes, seh-behindertes und sehendes Publikum gleichermaßen ansprechend ist. Es geht einerseits um eine Erhöhung der Zugänglichkeit, aber auch um die Erschließung eines neuen künstlerischen Mittels. Die Audiodeskription ist konzeptuell an das Projekt angebunden und trägt das Narrativ mit. In diesem Projekt stellt diese Verknüpfung zum Beispiel das Thema Zuschreibung / Selbstbeschreibung, Außenwahrnehmung / Innenwahrnehmung wahr. Welche neue Sprache lässt sich für diese Beschreibungen finden, die sich eben nicht alten Stereotypen bedient? Welche Selbstbeschreibungen sind empowering?
Die Audiodeskription ist also integriert und kreativ, was sie zu einem essentiellen Bestandteil des Stücks macht.

TEAM und Kooperationspartner*innen

  • Meret König (alle Pronomen): Regie und Spiel

Meret König studierte Physical Theatre an der Folkwang UdK und bezeichnet sich als Mover, Schauspieler*in und Physicaltheatre Artist. Neben der darstellenden Bühnenkunst ist Meret auch in den visuellen Künsten und als Autor*in tätig.

  • Katrin Meier (sie / ihr): Komposition und Musikalische Leitung

Katrin Meier studiert Popkomposition an der Folkwang UdK, in ihrer Musik sucht sie nach Tenderness und Strength. Sie steht in diesem Projekt als Beratung und Mentoring für den Bereich Soundscapes und Musik zur Verfügung.

  • Andrina Imboden (sie/they): Dramaturgie

Andrina Imboden arbeitet im Ruhrgebiet als Dramaturgin und Projektleitung. Nach einem Studium in den Gender Studies und der Soziologie, hat Andrina den Master „Contemporary Theatre, Dance and
Dramaturgy“ in Utrecht absolviert. Andrina hat u.a. beim Pina-Bausch-Zentrum in Wuppertal sowie bei PACT Zollverein in Essen gearbeitet.

  • Gaia Pellgrini (sie/ihr): Choreografie

Gaia Pellegrini studierte kognitive Psychologie an der Universität von Trient und Physical Theatre an der Folkwang UdK. Dabei war Gaia Teil des Free Interdisciplinary Performance Lab mit Marina Abramović und hat ein Semester am Superior Conservatory of Dance in Barcelona verbracht, um ihre Praxis als Choreografin und Interpretin zu vertiefen.

  • Joe Bauer (they / them): Kostümbild und Dokumentation

Joe Bauer studiert in Münster bildende Kunst und hat schon in mehreren Physical Theatre Produktionen das Kostümbild gestaltet. They unterstützt das Projekt außerdem als Outside Eye und macht eine umfangreiche Foto-Dokumenation für die Nachbereitung des Projekts.

Für Ungirling arbeitet Meret König für die Unterstützung in der kreativen Audiodeskription zudem mit einer Expertin zusammen:

  • Sabine Kuxdorf (sie / ihr): Outside Ear und Access Beratung

Sabine Kuxdorf lebt und arbeitet in Köln, wo sie gerade das Studium der Soziologie beendet hat. Sie ist blind und arbeitet seit 1,5 Jahren als Beratung im Bereich Access Dramaturgie und Teilhabe bei Theater- und Tanzproduktionen in NRW. Sie unterstützt dieses Projekt mit ihrer Expertise und ihrer Perspektive.


Das Projekt wurde in Kooperation mit der Sticky Fragments Physical Theatre Company erarbeitet, welche als Beratungs und Ansprechpartner den Prozess begleitet hat. Desweiteren wurde das Projekt vom Mittendrin e.V. in Köln sowie der Szene 2 Company beratend unterstüzt.


Gefördert durch den Fond Chancengerechte Hochschule an der Folkwang UdK.