Rudi Meisel, Alumnus des Studiengangs Fotografie (Herbst 1969 bis Frühjahr 1975), war 2018 auf dem Campus Werden der Folkwang Universität der Künste zu Gast. Clara Küntzle sprach mit ihm über seine Zeit an Folkwang.
Rudi Meisel, 1949 in Wilhelmshaven geboren, besucht in Osnabrück die Schule bis zum Abitur. Schon in der Schulzeitungsredaktion hat er erste Erfolge mit seinen Bildern, „die Geschichten in meinen Fotografien wurden verstanden.“Nicht Geld, sondern Anerkennung seiner Arbeit öffnet den Blick auf die Fotografie als Beruf und Berufung. Meisel weiß früh, dass er aus Osnabrück weg und nicht den familiären Obst- Gemüse-Südfrüchte Großhandel übernehmen will. Einem Hinweis folgend reist er zur Folkwang Werkkunstschule nach Essen, die er nicht kannte. Er bekommt einen Termin bei Otto Steinert, dessen Namen er noch nie gehört hatte. Nach kurzer Durchsicht seiner Mappe mit Schwarzweiß-Fotografien wird er zum Studium der Fotografie ab Herbst 1969 zugelassen. Heute sagt Meisel: „Es war mein Glück, dass ich ins Ruhrgebiet gekommen bin! Folkwang war mein Erasmus!“
1975 gründet er mit seinen Kommilitonen André Gelpke und Gerd Ludwig in Essen die Fotografenagentur VISUM. Den Autoren wird hier Eigentum und Copyright an den Aufnahmen belassen. VISUM zieht 1978 weiter nach Hamburg und erlebt dort alle Höhen und Tiefen.
Mit der Lektüre von Heinrich Böll und Max Frisch hat Rudi Meisel seinen Blick für die Welt der kleinen Leute gelernt. Ab 1973 erzählen seine Bilder verstärkt vom Alltag im Ruhrgebiet. Später als Reisekorrespondent des ZEITmagazins liegt sein Fokus auf dem Alltag der DDR. Seine Schwarzweißfotografie ist nicht nur fotografisches Handwerk, sondern subjektive Dokumentation. Mit dem Mauerfall 1989 ist dieser Themenschwerpunkt zunächst beendet. Erst 2015 fügt Meisel mit einer Ausstellung bei CO-Berlin und in einem Buch die beiden Konvolute west- und ostdeutscher Fotografien zusammen zu Landsleute 1977-1987.
Ab dem Jahr 2000 wird Berlin nach und nach Rudi Meisels Lebensmittelpunkt. Er berät junge Kollegen und gibt Seminare zu den Schwerpunkten Reportage, Portrait und fotografisches Essay. Noch immer fotografiert er als Freelancer Alltag in Metropolen, wie Berlin, London und zuletzt New York. Und immer wieder kommt er gerne zurück in das Ruhrgebiet.
Clara Küntzle / 11. February 2019