Folkwang

Nachruf zum Tod von Reinhart Firchow

Die Folkwang Universität der Künste trauert um den ehemaligen Schauspielprofessor Reinhart Firchow, der am 08.01.2022 im Alter von 78 Jahren verstorben ist. Firchow lehrte von 1992 bis 2009 an Folkwang, seit 1994 als Professor für Schauspiel am Campus Essen-Werden. Sein früherer Kollege Hanns-Dietrich Schmidt, Folkwang Professor für Dramaturgie und praktische Theaterarbeit, erinnert sich in einem persönlichen Nachruf an Reinhart Firchow.

Foto: Archiv der Folkwang Universität der Künste

Foto: Archiv der Folkwang Universität der Künste

 

Reinhart Firchow war Schauspieler mit Leib und Seele. Er hatte in seinem Beruf viele Erfahrungen gesammelt, unter anderem als Gründungsmitglied des Mülheimer Ensembles von Roberto Ciulli.
Auch im Fernsehen und vor allem im Funk war er als versierter Darsteller bzw. Sprecher gefragt.
All diese immensen Erfahrungen brachte Firchow in seine Arbeit an Folkwang ein.

Alle Klischees, die man gemeinhin von Schauspielern hat, trafen auf Firchow nicht zu. Er hielt sich gerne im Hintergrund, äußerte seine Meinung zwar bestimmt, aber nie besserwisserisch. Und er war völlig uneitel und niemals auftrumpfend, er drängte sich nie in den Vordergrund. Umso mehr wurde seine ruhige Art von Kolleginnen und den Schauspielstudierenden geschätzt. Er konnte in hitzigen Diskussionen ausgleichend wirken und dennoch seine Ansicht bestimmt äußern. Er war der ruhende Pol und dennoch hochengagiert. Wir Kolleg*innen schätzten seine absolute Zuverlässigkeit und Genauigkeit, mochten auch seinen etwas versteckten Humor, in dem er das Theater oft glücklicherweise nicht als Mittelpunkt der Welt ansah, sondern immer dem realen Leben verpflichtet blieb. Unvergesslich, wenn er mit verschmitztem Lächeln und der unvermeidlichen Zigarette in den Pausen Anekdoten aus seiner Theaterzeit erzählte.

In seiner Arbeit mit den Studierenden war Firchow ein offener Partner, wusste niemals alles besser, sondern versuchte das Beste zu finden. Er arbeitete eng und genau am Text und überstülpte niemals mit "Einfällen" seine in den Szenen gemeinsam mit den Studierenden gefundenen Grundlagen. Er konnte sehr genau zuhören, das schätzten sowohl die Studierenden als auch wir Lehrenden. Was ihn vor allem auszeichnete und zu einem ganz besonderen Lehrer machte: Er konnte seine Erfahrungen wirklich vermitteln, die Studierenden vertrauten seinem Wort und seinem Rat, um den er oft gebeten wurde. Das sog. "Schauspielerhandwerk" reichte er gerne und dankbar weiter.

Parallel zu seiner Lehrtätigkeit arbeitete er in der Praxis weiter. Wer ihn auf der Bühne sah, war von seiner Präsenz beeindruckt. Er war "da", als Partner oder Solist. Besonders gerne spielte er zwischen 1995 und 1998 den "Dünnen Vetter" in Hofmannsthals "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen. Noch spät erfüllte er sich nach seiner Pensionierung mit dem "König Lear" 2009 einen Lebenstraum.

Wir verlieren mit Reinhart Firchow eine ungewöhnliche Persönlichkeit, einen tollen Lehrer und einen Freund. Danke für alles, Reinhart!

Prof. Hanns-Dietrich Schmidt


 

19. Januar 2022