Folkwang

Ruhrtriennale ft. Folkwang Tanz

Der Folkwang Tänzer Jan Chris Pollert steht bei „Bählamms Fest“ auf der Bühne

Die diesjährige Ruhrtriennale läuft - und mit ihr „Bählamms Fest“, das am 15. August Premiere feierte. Ein intermediales Musiktheater nach einem Drama von Leonora Carrington, das Elfriede Jelinek zu einem Libretto formte und für das Olga Neuwirth die Komposition kreierte. In der Bochumer Jahrhunderthalle kommt es jetzt unter der Regie von Dead Centre und der musikalischen Leitung von Sylvain Cambreling auf die Bühne. Mit dabei sind zehn Folkwang Tanzstudierende. Einer von ihnen ist Jan Chris Pollert, der aktuell im zweiten Jahr Tanz an Folkwang studiert. StudiScout Simon sprach mit ihm über seine Arbeit im Ensemble und seine Erfahrungen mit der Produktion.

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Jan Chris Pollert studiert seit dem Wintersemester 2019/20 Tanz an Folkwang. | Foto: Charly Chapuis

 

Jan Chris wirkt konzentriert. Ich treffe ihn online, denn bald muss er wieder los, zur Probe. Er weiß die Chance zu schätzen, die ihm das Mitwirken an „Bählamms Fest“ bietet. Einige Wochen vor Probenbeginn kam die Mail von der Studiengangsleitung, dass er für diese große Produktion der Ruhrtriennale in Frage kommt. Sofort bewarb er sich via Video. Der Choreografin gefiel es, eine Woche vor dem Start lag dann auch sein erster professioneller Vertrag vor ihm. „Für mich eine neue Welt, das habe ich noch nie gehabt“, erzählt Jan Chris.


Als Tänzer bei einer so großen Produktion mitzuwirken ist für ihn eine ganz neue Erfahrung. Zwar hat er bereits vor seinem Studium in einem Musiktheater mitgewirkt, „doch ich bin erst spät zum Tanz gekommen, so richtig sogar erst mit dem Studium“. Die Arbeit ist auch anders als an der Uni. Es gibt von Anfang an einen strengen Zeitplan. Jan Chris und seine Kolleg*innen stellen eine Schafherde dar, die als unselbstständige Figuren eine Gruppensituation erzählen sollen. Ihr Tanz wirke mitunter rituell, erzählt er. Sie unterstützen die eigentliche Handlung und nachdem sie zunächst nur in einer großen Szene auftauchen sollten, spielen sie jetzt in einigen weiteren mit. Das machte die Proben spannend, denn „für uns wird keine Szene auf der Probe wiederholt. Da geht es mehr um die Sänger*innen und die Musik - wir untermalen die Atmosphäre“, berichtet Jan Chris. Er spielt zudem noch einen Hund, für den er auch selbst viele Elemente beisteuern konnte.

Das Bühnenbild ist aufwendig, die Tänzer*innen fügen sich darin ein. | Foto: Volker Beushausen / Ruhrtriennale


Die erste Woche wurde an der Folkwang geprobt, anschließend in Bochum. Das war für Jan Chris wichtig, denn die aufwendig gestaltete Bühne forderte ihn mit ihren Bäumen, der Erde und den sich drehenden Elementen. Vier Wochen hatte Choreografin Anne-Lise Brevers Zeit, mit den Studierenden alles zu entwickeln. „Die Arbeit mit ihr ist anspruchsvoll und schön. Die Stimmung ist gut und wir kommunizieren viel, nehmen Rücksicht aufeinander“, erzählt der Tänzer. Das sei wichtig, gerade da so eine Produktion immer auch eine Chance sei, sich zu empfehlen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Jan Chris´ Ansatz: bei den achtstündigen Proben fokussiert bleiben und sich in die Figuren denken. Konzentriert den Proben folgen, auch wenn er gerade gar nicht dran ist, statt aufs Handy zu schauen. Gar nicht so einfach, denn „natürlich ist der künstlerische Prozess für uns in so einem Stück ein anderer als in einer Tanzproduktion, wo es sich nur um uns dreht“, sagt Jan Chris. Allein der Umgang mit der Musik sei ganz anders. „Als Tanzende bauen wir alles genau auf Zählzeiten zur Musik auf, die meistens vom Band kommt. Im Musiktheater spielt das Orchester jeden Tag ein wenig anders, der Dirigent ist selbst ein Künstler, der seine Akzente setzt, da müssen wir flexibler reagieren können.“

Bis sich alles zusammensetzte, probten sie nur mit Klavierbegleitung, das ganze Stück kannte Jan Chris zum Zeitpunkt unseres Gespräches noch gar nicht. Umso wichtiger ist ihm der Austausch mit den anderen Beteiligten. Was ist in dieser Szene dein Gefühl, welche Haltung hast du da? Auch die Arbeit mit seinen Folkwang Kommiliton*innen ist neu, sie studieren in anderen Semestern. Durch den Austausch mit ihnen konnte er sich in den abstrakten Szenen besser zurechtfinden. Er hat bereits Schauspielerfahrung, das hilft ihm. Denn die Tänzer*innen haben auch Text. Dennoch ist es ihm wichtig, sich künstlerisch als Tänzer zu verorten: „Das ist meine Leidenschaft. Natürlich hätten diese Rollen auch Schauspielende übernehmen können. Als Tänzer*innen haben wir einen anderen Ansatz und der ist auch sichtbar.“

Jan Chris und ich kennen uns schon aus dem gemeinsamen Semester im interdisziplinären „Folkwang Open Space“, wo Studierende aus allen Disziplinen zusammenkommen und miteinander arbeiten. Dieses Zusammenspiel der unterschiedlichen Ansätze findet er in der Oper wieder und hat die Scheu davor verloren. Dieses Miteinander stärke das eigene künstlerische Profil und erhöhe die Flexibilität bei der Findung gemeinsamer Fantasien.

Die Produktion zeige ihm auch: „Ich bin bereit für den Job. Ich genieße die Erfahrung und lerne hier viel, die Arbeitshaltung ist eine andere – das will ich und das kann ich.“ Und das wirkt auch so, auf eine sehr sympathische, selbstverständliche Art. Bis zum 22. August steht Jan Chris bei der Ruhrtriennale noch auf der Bühne, dann ist „Bählamms Fest“ abgespielt. Aber ich bin sicher: Jan kann sich als Tänzer empfehlen, wünschen würde ich es ihm.

Weitere Infos zur Produktion gibt es hier.

Ein Beitrag im Rahmen des Projekts „Folkwang StudiScouts“.


 

Simon Gierlich / 19. August 2021