Folkwang

Zum Tod von Ludger Rémy

Die Folkwang Universität der Künste trauert um den ehemaligen Dozenten für Alte Musik

Der Dirigent und Cembalist Ludger Rémy ist am 21. Juni im Alter von 68 Jahren verstorben. Nach einem Studium an der Hochschule für Musik Freiburg und privaten Studien im Cembalospiel bei Kenneth Gilbert in Paris war er an mehreren Hochschulen in der Lehre tätig. Von 1983 bis 1997 unterrichtete er an der damaligen Folkwang Hochschule das Fach „Cembalo/historische Tasteninstrumente“ schwerpunktmäßig am Campus Duisburg und hat die Pflege der historischen Aufführungspraxis ebenso wie das Bewusstsein für die Alte Musik an der Folkwang Universität der Künste geprägt.

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Für sein umfassendes Schaffen im Bereich der Alten Musik wurde er mit internationalen Schallplattenpreisen sowie dem Fasch-Preis 2015 ausgezeichnet.
In einem Nachruf erinnert sich sein ehemaliger Schüler Wolfgang Kostujak, der heute selbst an der Folkwang Universität der Künste lehrt, an seinen Cembalodozenten:


Am vergangenen Mittwoch hat uns die Nachricht vom Tod Ludger Rémys erreicht. Vor seiner Tätigkeit als Professor an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden hat er 14 Jahre als Lehrbeauftragter für historische Tasteninstrumente an Folkwang gewirkt. In diesem Zusammenhang sprengte der Radius seines Tuns bei Weitem das, was sich auf die Fächer „Cembalo“ und „Hammerclavier“ eingrenzen ließ, und er begnügte sich auch nicht damit, nur ein Bewusstsein für die alte Musik, ihren Klang und ihre spezifischen aufführungspraktischen Regeln im Studienbetrieb zu etablieren.

Bei aller Liebe für den „Originalklang“ sah er in der „Alten Musik“ zuallererst ein Experimentierfeld, in dem es vor allem um Möglichkeiten zur Überwindung ästhetischer Konventionen und musikpädagogischer Dressurakte ging. In ihrer Fremdheit bot die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts eine großartige Chance auf neue Wege von künstlerischer Wahrhaftigkeit: Das Thema des kritisch reflektierten Hinsehens und der Leitspruch der Aufklärung (Immanuel Kant) „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen,“ bildeten den Kernappell seines Wirkens an unserem Haus.

Oft bestand sein Unterricht aus kaum mehr als aus grundlegenden Fragen, und er genoss es immer wieder zu sehen, dass es auf die meisten Punkte eben keine selbstverständlichen Antworten gab. Ab hier war der Musiker als reflektierender Entscheidungsträger gefragt. Überhaupt repräsentierte das Denken für ihn den eindeutigen Primat vor dem Handeln und dem Spielen. Seine Annahme, dass es letztlich auch dem musikalischen Gefühl vorausgehe, bildete einen Ausgangspunkt für endlose Debatten zwischen ihm und den meisten seiner Studierenden.
Nach seinen vornehmsten Leidenschaften gefragt, antwortete Ludger Rémy an erster Stelle oft mit dem allgemeinen Begriff der „Forschung“ oder dem etwas spezielleren der „Geschichtsforschung“. Musik kam erst später. Für ihn war sie ein notwendiges Kondensat der ersteren.

Dabei konnte Ludger Rémy mit allen Sinnen genießen: Ein gutes Gespräch ebenso wie eine liebevoll angerichtete Speise, vor allem aber genoss er es, gute Musik zu hören – und dabei (wie er selbst das hin und wieder bezeichnet hat) im Klang zu baden.
„Die Musik ist eine der wenigen Künste, die uns tatsächlich zeigt, wie schön Zeit ist – und - leider Gottes - auch, wie vergänglich sie ist,“ bekannte er noch vor wenigen Monaten in einem MDR-Interview. Am letzten Mittwoch ist er gegangen und damit ganz persönlich zum Teil jener Vergänglichkeit geworden, die ihm selbst zeitlebens so musikalisch vorgekommen ist.

Die Erinnerung an ihn wird zu einem Klang, dessen Echo von den Wänden der Folkwang Universität der Künste bis heute – und hoffentlich noch weit darüber hinaus – nachhallt.

Wolfgang Kostujak | Lehrkraft für besondere Aufgaben für Alte Musik / 23.06.2017

 

Foto: privat

 

23. Juni 2017