Folkwang

Yuliana Gorkorov - Folkwang Preisträgerin 2017

Sparte Gestaltung

Am Sonntag, 02. Juli 2017, werden die diesjährigen Folkwang Preise verliehen. StudiScout Mona Leinung hat sich mit Yuliana Gorkorov unterhalten, die mit dem Folkwang Preis in der Sparte Gestaltung ausgezeichnet wird.

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Das globale Alphabet Coypright Yuliana Gorkorov

 

Du bist Folkwangpreisträgerin 2017! Wie fühlt sich das an?
 
„Das globale Alphabet" ist ein Thema, das mich seit fünf Jahren beschäftigt, ich investierte also sehr viel Energie in dieses Projekt und so ein Preis gibt mir da natürlich das Gefühl von Anerkennung und Unterstützung.

Welche Bedeutung hat der Preis für dich?

Als internationale Studentin ist der Preis für mich natürlich eine besonders große Ehre. Ich bin nun schon seit fast acht Jahren in Deutschland, davon sieben Jahren an der Folkwang Universität der Künste. Jetzt zum Ende meines Studiums den Preis zu erhalten motiviert mich, weitere Gipfel zu erklimmen.

Den Preis bekommst du für dein Projekt „Das globale Alphabet“. Worum geht es dabei?

Durch die technologische Entwicklung und Digitalisierung der letzten Jahre wird die Welt eigentlich immer „kleiner“, kompakter und muss schneller erschlossen werden. Multikulturelle Kommunikation spielt also eine immer größere Rolle in unserem Alltag. Viele Wörter sind international geworden und werden fast von jedem verstanden, aber sobald sie in einer fremden Schrift geschrieben stehen, sind sie nicht mehr zu erkennen und werden trotz ihrer eigentlichen Klarheit getarnt. Deshalb gestalte ich Schriften, die verschiedene Alphabete so verbinden, dass sie gleichzeitig in mehreren Sprachen gelesen werden können. Ich glaube, die globalisierte Welt braucht auch ein globales Alphabet, das verschiedene Kulturen widerspiegelt.

Wie bist du gerade darauf gekommen?

Ich bin in der Ukraine geboren und in Israel aufgewachsen, dadurch beherrsche ich das hebräische, kyrillische, lateinische und arabische Alphabet. Noch im Bachelorstudium habe ich angefangen, mich mit der Geschichte der Schrift auseinanderzusetzen. Mich hat dabei fasziniert, dass, obwohl diese Alphabete einen gemeinsamen historischen Ursprung – das phönizische Alphabet – haben, sie heute vollkommen unterschiedlich aussehen. Deshalb habe ich angefangen, in den heutigen Formen der Buchstaben nach Gemeinsamkeiten zu suchen und habe erstaunlich viele gefunden. So entstand die Idee, ähnliche Laute in einem Zeichen zu vereinen.   

Wie sieht die Umsetzung aus?

Ganz konkret sind fünf Schriften entstanden: Die ApocalypsA – eine lateinisch-hebräische Schrift, die BABEL2014 – ein gemeinsames Zeichensystem für das hebräische, lateinische, arabische und kyrillische Alphabet, die Akrofont – ein internationales akrofonisches Alphabet, die Latar – eine lateinisch-arabische Schrift und die Abjad Lino – ein hebräisch-arabischer Layer-Font. In jeder dieser Schriften habe ich eine andere Herangehensweise an das Thema ausprobiert, jede verbindet sozusagen die Alphabete auf eine andere Art und Weise miteinander. So werden zum Beispiel bei BABEL2014 die Formen von ähnlichen Lauten in einem Zeichen vereint. In Akrofont hingegen löse ich mich von der visuellen Form der Buchstaben und vereine ähnliche Laute durch Piktogramme mit internationalen Wörtern, zum Beispiel steht Avocado für A. Weitere Informationen über die Schriften kann man auf meiner Website www.mutualalphabets.com finden.

Was inspiriert dich bei deiner Gestaltung?

Besonders inspirieren mich die Geschichte bzw. die Ursprünge menschlicher Kommunikation.

Was sind deine zukünftigen Arbeitsziele?

Bisher habe ich meine Schriften auf Ausstellungen und Konferenzen in verschiedenen Ländern präsentieren dürfen, zum Beispiel auf der TYPO Berlin, beim Typoclub Bern, dem ADC Festival in Hamburg, oder in der Bar Ilan Universität in Ramat Gan. Mein nächstes großes Ziel ist eine Buchpublikation und dass die Nutzung der Schriften sich im Alltag durchsetzt. Ich hoffe, damit einen neuen Horizont für visuelle multikulturelle Kommunikation zu schaffen und plane weitere Projekte zu diesem Thema. Aber natürlich möchte ich mich auch als Designerin in anderen Bereichen weiterentwickeln.

Während deines Studiums gab es bestimmt auch Höhen und Tiefen. Gab es Momente, in denen du an dir gezweifelt hast? Wie bist du mit diesen Momenten umgegangen?

Natürlich. Das gehört zu dem kreativen Prozess. In solchen Momenten versuche ich einen oder ein paar Tage Pause zu machen und dann mit einem frischen Blick und neuen Kräften weiter zu arbeiten. Das Gute an diesen Tiefpunkten ist ja, dass auf eine große Verzweiflung meist eine ganz gute Idee folgt.

Anlässlich des 90-jährigen Bestehens der Folkwang Universität der Künste läuft ja momentan die Kampagne „Folkwang ist…“. Was ist Folkwang für dich?

Folkwang ist ein „fruchtbarer Boden", der alle notwendigen Nährstoffe für das Wachstum einer Idee beinhaltet. An dieser Stelle möchte ich Folkwang zum 90-jährigen Jubiläum gratulieren. Ich bedanke mich herzlich bei dem Rektorat, bei den Lehrenden, den Leitern der Werkstätten und Mitarbeitern, bei der GFFF und besonders bei meinen Betreuerinnen und Betreuern im Studio 2: Prof. Ralf de Jong, Dipl.-Des. Natascha Dell und Christin Heinze, M.Sc. Auch möchte ich mich herzlich beim ELES Studienwerk für das Stipendium bedanken, dank dem ich mich in den letzten Jahren dem kreativen Prozess widmen konnte.

Ein Beitrag im Rahmen des Projekts „Folkwang StudiScouts“.

 

Mona Leinung / 30. Juni 2017