Pressestimmen

Grandioses Monodrama

Rheinische Post, 1. Oktober 1999
Klaus Matthias Schmidt

Und es packt die Zuschauer von Beginn an, dieses Solo von Henrietta Horn. (…) Ungeheure Spannung liegt über der Szene, die ein Rückblick zu sein scheint, eine getanzte Erinnerung an eine vergebliche Liebe. Und die Horn durchtanzt diese Erinnerung, um sich – wie es scheint – am Ende von ihr zu befreien. Viel Applaus für dieses grandiose Monodrama.

Westdeutsche Zeitung, 1. Oktober 1999

Bettina Trouwborst

(…) Der Tisch wird zum magischen Symbol der Angst, mit befremdlicher Distanz betrachtet, dann, in Extase, wird er zum leidenschaftlich geliebten Fetisch. Horns tänzerischer Dialog mit Tisch und Stuhl ist ein aufwühlendes Duett mit der Vergangenheit, ein Solo von ungewöhnlicher Intensität und tänzerischer Qualität.

Kompas, 2. November 2001, Jakarta

Nirwan Dewantos

Die 25-minütige Aufführung schafft es, den Zuschauer mitzureißen. Alle warten gespannt darauf, was die Tänzerin unternehmen wird, um die Leere der Bühne auszufüllen. (…) Ihre Choreographie braucht keine spektakuläre Musik, keine Lichteffekte und keine extravagante Bühnenverzierung. Die Kunst ihres Tanztheaters liegt in der Bewegung, in der Befreiung.

Hamburger Abendblatt, 12. April 2002

(M.F.)

(…) Ihr „Solo”, eine beklemmende Studie der Einsamkeit, schöpft aus Expressionismus und Stummfilm-Elementen, aber sie splittert und bricht sie tänzerisch radikal auf. Diese Frau, allein mit sich, einem Tisch und einem Stuhl, sucht stumme Zwiesprache mit toten Gegenständen, um nicht durchzudrehen. Rastlos verzweifelt mahnt sie sich zu starrer Ruhe, aber ihre Verlorenheit überwältigt sie: Die Arme sehnsuchtsvoll hoch aufgereckt, wird sie vom Dunkeln verschlungen. So konzentriert wird das Gefühl von Einsamkeit selten vermittelt.

Ein Starkes Stück

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Oktober 1999
Jochen Schmidt

Henrietta Horns neues Tanzstück „Solo” handelt von der Einsamkeit und wie frau damit fertigzuwerden versucht. Das Stück, uraufgeführt im Theater der Stadt Remscheid, benötigt zwei wichtige „Requisiten”, einen kleinen quadratischen Holztisch und einen hölzernen Stuhl. Anfangs steht der Stuhl dicht hinter dem Tisch, und die Tänzerin, Henrietta Horn selbst, nimmt an ihm Platz. Eine kurzatmige Streichermusik setzt immer wieder neu an und schlägt tiefe Schneisen in die schwere Stille. Wie ein aufdringlicher böser Gedanke umschwirrt sie die Tänzerin, die lange still mit dem Gesicht zum Publikum dasitzt. Dann legt sie den Kopf auf die Hände auf dem Tisch, setzt sich ruckartig wieder aufrecht hin, knickt wieder ein Richtung Tisch. Ihre Bewegungen sind fahrig, als habe sie ein schlechtes Gewissen und sitze jemandem gegenüber, vor dem sie sich zu verantworten habe. Aber wenn es so wäre, kann es allerdings nur die allerhöchste Instanz sein.

Nach einer Weile erhebt sich Horn und trägt den Stuhl weiter in den Hintergrund. In diesem Abschnitt des Stücks bewegt sie sich auf einer Linie zwischen Tisch und Stuhl wie unschlüssig, was zu tun sei. Und am Ende, nachdem sie verschiedene Entfernungen zwischen den beiden Gegenständen ausprobiert hat, bringt sie den Stuhl zum Tisch zurück. Am Rande der Bühne legt sie Jacke ihres blassgrünen Hosenanzugs (Kostüm: Anne Bentgens) ab. Zu einer introvertierten Streichermusik tanzt sie jetzt in der Bühnenmitte mit abrupten Bewegungen , eine überschlanke, hochgewachsene Figur. Einerseits scheint sie etwas aus sich herauspressen zu wollen. Andererseits bremst sie sich immer wieder ab und ruft sich zur Ordnung. Großen Schwung kann ihr Tanz auf diese Weise nicht bekommen.

Schließlich stellt sie den Stuhl so weit wie möglich vom Tisch entfernt auf die andere Seite der Bühne. Doch Stuhl und Tisch gehören zusammen. Und so drückt Horn den Tisch tanzend ganz langsam und mit kleinen, vorsichtigen Bewegungen, parallel zur Rampe quer über die Bühne Richtung Stuhl; wenn sie Stuhl und Tisch wieder annähernd zusammengebracht hat, ist das Stück – nach gerade mal 25 Minuten – zu Ende. (…)

In dieser Zeit entwickelt die Choreographin eine perfekte, anrührende, vor Spannung vibrierende Studie der Einsamkeit; eine Menge Menschen in dieser Gesellschaft, nicht nur alte, befinden sich in einer ganz ähnlichen Situation. In einem von Sozialbeziehungen leerer Raum ist sie zurückgeworfen auf sich selbst; wenn sie nicht wahnsinnig werden will, muß sie in einen Dialog treten mit den toten Gegenständen, die sie umgeben. Tisch und Stuhl werden beinahe lebendig und zu Ersatzpartnern, mindestens auf Zeit. Ein fröhliches Geschehen ergibt das nicht. Aber ein starkes Stück Tanz.