Interviews zum 8. Folkwang Shakespeare-Festival

Interview mit den Regisseuren Alister Smith & Tony Smith, Australien

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Wie bereiten Sie sich auf das Internationale Folkwang Shakespeare Festival vor?

Die Vorbereitungen laufen bereits seit 2014. Es gab eine große Fundraising-Kampagne, die von Studierenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Victorian College of the Arts (VCA) und der University of Melbourne unterstützt wurde.
Unsere Proben haben im Februar 2016 begonnen. Zunächst wurden die Verortung des Stückes sowie die Beziehungen zwischen den Charakteren durch Improvisationen erforscht. Dabei wurde ein Schwerpunkt auf die Handlung des Stücks gesetzt, so wie sie uns durch Shakespeares Sprache offenbart wird. Die Welt des Stücks sowie dessen Handlung wurden dann gefüllt, bereichert und genauer beschrieben durch Bewegung, Ton und Licht.

Welchen Stellenwert hat das Festival für die Schauspielausbildung Ihrer Schule? 

Dieses Festival ist sehr wichtig für die Theaterabteilung des VCA und wird einen entscheidenden Einfluss auf die Ausbildung und Erfahrung unserer Studierenden haben. Die Abteilung fördert und unterstützt internationale Projekte wie dieses Festival, das die künstlerische Entwicklung sowie Möglichkeiten zur Vernetzung verbessert.

Wie ist Ihre nationale Inszenierung ausgerichtet?

Die Welt dieser Produktion ist bestimmt von ererbtem Reichtum, neuem Reichtum, feindlichen Übernahmen und sozialem Aufstieg. Das Stück ist bevölkert von verletzlichen, rachsüchtigen, zerbrechlichen und fehlbaren Charakteren sowie Schwächen, Unehrlichkeiten und einer Menge Freizeit. Die Beziehungen werden verschärft durch Liebe, Loyalität, Untreue, Status, Ehre und Geschlechterpolitik.

Haben Sie Erwartungen an die Zeit an Folkwang in Essen? Welche?

Es wäre wundervoll, wenn es von den Regielehrenden neben den internationalen Proben auch Unterrichte und Workshops für die Studierenden gäbe. Eine Diskussionsrunde mit dem Publikum direkt im Anschluss an die einzelnen nationalen Inszenierungen wäre ebenfalls von unschätzbarem Wert und würde den Austausch von Ideen und Kunstpraxis zwischen den Regisseurinnen und Regisseuren, Lehrenden und Studierenden fördern.

Woran denken Sie, wenn Sie an die Folkwang Universität der Künste denken?

Tony: Ich habe 2013 das Shakespeare-Festival der Folkwang Universität der Künste besucht.

Alister: Dies ist meine erste Produktion für das Folkwang Shakespeare-Festival.

Wie tauschen Sie sich mit der Leitung des Festivals aus?

Gegenseitige Besuche. Aber hauptsächlich erfolgt der Austausch über Email.

Deutsche Übersetzung: Susanne Skipiol, Geschäftsstelle des Rektorats

Ein Beitrag von Regisseur Brian Michaels, Polen

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Foto: Nina Gschlößl

Als Mitbegründer des internationalen Shakespeare-Festivals in 2001 konnte ich dessen Entwicklung und Wachstum über die letzten 15 Jahre verfolgen. Was als Abenteuer in unbekannte Gewässer begann, ist zu einer wiederkehrenden Entdeckungsreise in die Möglichkeiten des Theaters als universelle und transnationale Sprache geworden. Shakespeares Stücke haben den Teilnehmerinnen und Teilnehmern immer die Gelegenheit gegeben, die Einschränkungen durch die verschiedenen Sprachen zu überschreiten und ihre eigene, spezifische Shakespeare-Sprache und -Ästhetik zu entwickeln, die für alle zugänglich werden. Der kreative „Wahnsinn“, innerhalb von drei Tagen mit etwa 70 Schauspielerinnen und Schauspielern eine internationale Inszenierung des ausgewählten Stückes zu entwickeln – eine Art gesprinteter Marathon zur vereinbarten Frist/Premiere – sprengt Grenzen und Hindernisse auf allen denkbaren Ebenen. Wir müssen als soziale und kulturelle Gemeinschaft funktionieren, die Energie, Inspiration und Schweiß vereint. Die gemeinsame Energie dieser drei Tage ist einmalig und bedeutet für alle Beteiligten eine unvergessliche Erfahrung.

Die polnischen Studierenden sind von der Aussicht auf die Begegnung mit Studierenden aus Südafrika, Australien und Deutschland fasziniert und begeistert. Sie sind sich der Chance, die das Festival ihnen bietet, vollkommen bewusst. Sie kommen nicht nur, um ihre Arbeit zu präsentieren und am finalen Shakespeare-Wahnsinn teilzuhaben; sondern um ihre Augen, ihren Geist und ihre Herzen allen gegenüber zu öffnen, die Teil des Festivals sein werden. Die Tatsache, dass es sich beim Internationalen Shakespeare-Festival Essen um keinen Wettbewerb handelt, erlaubt es den Studierenden, sich ohne Angst und Neid zu begegnen; ganz im Gegenteil – die enthusiastische Neugierde, die das Ereignis hervorruft, pflastert den Weg für ein Feiern des Theaters und seines größten Protagonisten – William Shakespear

Interview mit Regisseurin Deborah Arlene Lütge, Südafrika

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Foto: Morgan Kisten

Wie bereiten Sie sich auf das Internationale Folkwang Shakespeare Festival vor?

Die Vorbereitung auf das internationale Folkwang Shakespeare-Festival ist etwas anders als bei Produktionen, die zuhause gezeigt werden, da hierbei höhere Kosten entstehen und die Produktion leicht transportierbar sein muss. Unser Weg zum Folkwang Shakespeare-Festival hat mit der Suche nach Finanzierungsquellen begonnen, mit einer Besetzung, die Englisch nicht als Muttersprache hat und einem Konzept, das – ohne zu überfrachten – Bezüge zur Region, Provinz und zum Land herstellt.

Die erste Hürde, die eine südafrikanische Regisseurin überwinden muss, um eine Produktion zu schaffen, die nach Übersee gebracht werden soll, ist die Sicherung der Finanzierung. Ich war erleichtert, dass das Folkwang Shakespeare-Festival einen finanziellen Beitrag zu unserer Teilnahme leistet, und ich hatte Glück, dass viele Kolleginnen und Kollegen das Projekt unterstützen. Diese Produktion ist eine Würdigung von Prof. Ahmed Bawa (unseren unerschütterlichen Vize-Kanzler); Prof. Graham Stewart (für die Empfehlung meiner Person als Regisseurin); Dr. Lavern Samuels (International Office) sowie Alan Khan (Corporate Affairs), die den Vorgang angetrieben haben; Dr. Rene Alicia Smith (unsere dynamische Dekanin der Abteilung „Arts and Design“) für die Unterstützung des Projekts und Prof. Brian Pearce (stellvertretender Dekan und Shakespeare-Experte) für die Sicherstellung aller administrativen Abläufe.

Der Umgang mit der Sprache bedeutete zunächst, die Bedeutung herauszuarbeiten und kulturelle Bezüge zu finden. Wir haben hier und da einige isiZulu-Worte verwendet, um einen indigen südafrikanischen und zeitgenössischen  Anstrich zu schaffen. Wir haben auch zwei „imbongi IsiZulu“-Redner hinzugefügt – zur Begrüßung Leonatos und seiner Familie und bei Antonio’s Hochzeitsansprache. Wir haben direkte Übersetzungen in Erwägung gezogen und mit dem Dialog des Boten zu Beginn des Stückes angefangen, aber selbst bei diesen Eröffnungszeilen erwies sich die direkte Übersetzung als extrem schwierig. Und da das Anliegen war, Shakespeare zu feiern, und nicht eine Bearbeitung Shakespeares, entschieden wir uns für einen hauptsächlich Englisch-basierten Text, angereichert mit afrikanischen Kostümen und Bezügen.

Der Kontext vereinigt viele kulturelle Impulse und repräsentiert ein modernes Südafrika. Er zeigt die verflochtenen interkulturellen Einflüsse des Landes, die die einmaligen, gesellschaftlichen Umfelde und Gegebenheiten verhandeln – angetrieben von Fortschritt, Wirtschaft und globaler Interaktion. Modernisierung wird reduktionistischen Werten entgegengesetzt. In Südafrika beginnt die Jugend allgemeine Sachverhalte, die durch gesellschaftspolitischen Wandel aufgetretenen Verschiebungen oder Veränderungen und die individuelle Neudefinierung des Selbst innerhalb soziokultureller Parameter in sozialen Netzwerken zu erfassen.

Welchen Stellenwert hat das Festival für die Schauspielausbildung Ihrer Schule? 

Die Einladung zum Folkwang Shakespeare-Festival bietet eine Gelegenheit zum internationalen künstlerischen Austausch; eine Chance der Zusammenarbeit verschiedener internationaler Sichtweisen; die Möglichkeit für Studierende und Mitarbeitende, einen neuen globalen Raum zu betreten mit frischen Erwartungen, die einen Shakespeare-Text für verschiedene Vorstellungen öffnen; und eine Gelegenheit, persönlich Werte (Erkenntnisse der Psychomotorik sowie kognitiver und affektiver Bereiche)  über Ländergrenzen hinweg zu teilen. Die finale gemeinsame Inszenierung bietet die Chance, sich offen, kommunikativ und solidarisch mit anderen Künstlerinnen und Künstlern zu verbinden und wahrhaftig ein Teil des globalen Dorfes zu werden.

Wie ist Ihre nationale Inszenierung ausgerichtet?

In Südafrika gibt es elf offizielle Landessprachen. „EThekwini“, Durban – Teil des ‚Königreiches der Zulu‘ und die Stadt, aus der wir stammen – wird als kultureller Schmelztiegel betrachtet. IsiZulu ist die meistgesprochene Sprache in der Region KwaZulu-Natal. Wir haben daher ein paar isiZulu-Übersetzungen eingebaut, um unsere Region wiederzugeben. Wir haben jedoch einen vorwiegend englischen Text beibehalten, um unsere Inszenierung  für mehr Publikum im und außerhalb des Landes zugänglich zu machen. Unser Bühnenbild zeigt ein typisches, auf Pappkartons gemaltes Ndebele-Design, welches sich ebenfalls auf dem Boden wiederfindet, um die Inszenierung in einer südafrikanischen Kulisse zu verorten. Unsere Kostüme sind ein indigener, afrikanischer, zeitgenössischer Mix mit Perlen und einigen afrikanischen Kopfbedeckungen, während unser Tanz Gummistiefel, „pantsula“ und „township jive“ in den Mittelpunkt stellt. Die Originalmusik der Besetzung  beinhaltet Shembe-Elemente, „urban jive“ komponiert mit synkopierten Straßenrhythmen und „isicathamiya“ (ein Acapella-Stil, der durch die Gruppe Ladysmith Black Mambazo berühmt geworden ist) – alles moderne Stile, die von Trommeln, Horn und Gitarre durchsetzt den Gesang begleiten.

Haben Sie Erwartungen an die Zeit an Folkwang in Essen? Welche?

Dieser elf-tägige Besuch bietet der Durban University of Technology die Gelegenheit, eine globale Plattform zu teilen, in eine künstlerische Interaktion zu treten und das Gelernte mit zurück nach Südafrika zu nehmen, um das, was mit den anderen Studierende herausgefunden wurde, wiederum dort zu teilen. Außerdem ermöglicht uns der Besuch den Vergleich unserer Ausbildung mit internationalen Standards.

Woran denken Sie, wenn Sie an die Folkwang Universität der Künste denken?

Dies ist unsere erste Partnerschaft, aber wir hoffen, dass daraus eine langanhaltende Beziehung mit möglichem Austausch in der Zukunft entsteht.

Wie tauschen Sie sich mit der Leitung des Festivals aus?

Bisher haben wir Prof. H.-D. Schmidt getroffen, der uns bei einem Besuch des Fachbereichs „Drama and Production Studies“ der Durban University of Technology im September 2014 mit seiner Idee inspirierte. Begleitet wurde Prof. Schmidt von Susanne Skipiol, welche auf all unsere Anfragen sehr freundlich, prompt und mit einer Großherzigkeit antwortete, die allen Beteiligten das Gefühl der Unterstützung gibt. Das Management des Festivals war daher exzellent: effizient, strukturiert, informativ und herzlich.

Interview mit Mirjam Kuchinke und Halina Jäkel, Studentinnen der Folkwang Universität der Künste

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Foto: Mirjam Kuchinke und Halina Jäkel

Was erwartet ihr vom Internationalen Folkwang Shakespeare-Festival?

In erster Linie eine gute Zeit gemeinsam mit allen Menschen, die Lust an Theater und seinem Schaffensprozess haben. Im besten Sinne eine intensive Zeit – was gibt es einzigartigeres, als so viele verschiedene kulturelle Ansätze, die aufeinanderprallen und gehört werden wollen. Vier komplett unterschiedliche Interpretationen  eines Stückes – wir freuen uns! Prost!

Wie bereitet Ihr Euch auf das Festival und die Inszenierung vor?

Im Vordergrund stehen das Ausprobieren und das selbstständige Entwickeln der Rolle. Da wir Premiere mit der Eröffnung des Shakespeare-Festivals haben, stecken wir mitten in den Proben. Also rein ins kalte Wasser, schwimmen und irgendwann wird schon Land in Sicht sein!

Was bedeutet Folkwang für Euch?

An Folkwang spielt die Interdisziplinarität eine große Rolle. Auch unser Shakespeare-Ensemble besteht aus verschiedenen Studiengängen, was sich auf die künstlerische Arbeit sehr befruchtend auswirkt und oft sehr erheiternd ist.

Welche Rolle spielt Ihr?

Halina spielt Leonato - den alten, tatterigen Opportunisten
Mirjam spielt Don Pedro - den arroganten, selbstherrlichen Kuppler

Welchen Stellenwert hat Shakespeare in Deutschland?

Einen weiterhin sehr hohen Stellenwert, so oft wie die Stücke an den Theatern gespielt werden.

Wie aktuell ist für Euch Shakespeares Werk / das Stück „Viel Lärm um nichts“?

Unserer Meinung nach bedürfen die konservativen Rollenbilder – insbesondere der Frauenfiguren – eine zeitgenössische Überarbeitung oder Neuinterpretation. Wenn man sich selbst nicht allzu ernst nimmt, bietet der Stoff viele humoristische Passagen und lustige Pointen.

Mirjam Kuchinke | Folkwang Universität der Künste, Deutschland | 25 Jahre | Schauspiel | 4. Semester | Don PedroHalina Martha Jäkel | Folkwang Universität der Künste, Deutschland | 26 Jahre | Physical Theatre | 4. Semester | Leonato

Interview mit Thobani Nzuza, Student der Durban University of Technology (Drama & Production Studies)

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Foto: Thando Mchunu

Was erwartest Du vom Internationalen Folkwang Shakespeare-Festival?

Ich erwarte, dass ich viel durch den Austausch mit anderen Theatermacherinnen und Theatermachern lerne, indem ich Zeit in meine Kreativität und die Zusammenarbeit mit den anderen internationalen Studierenden investiere. Hauptsächlich möchte ich bei dem Projekt Spaß haben, während wir uns gleichzeitig global vernetzen.

Wie bereitet Ihr Euch auf das Festival und die Inszenierung vor?

Zunächst muss man wissen, dass unsere gesamte Gruppe indigene afrikanische Sprachen spricht, sodass Englisch nicht unsere Muttersprache ist. Für die Arbeit mit einem Text von Shakespeare mussten wir uns im November erst einmal mit der Regisseurin zusammensetzen und jedes einzelne Wort des Stücks sowie dessen Bedeutung analysieren und die Bezüge im Englischen verstehen. Wir haben nach Analogien gesucht, die die Bedeutung richtig und leicht verständlich wiedergeben und es mir als Schauspieler ermöglichen, den Text gut sowie mit Freude und Verständnis zu spielen. Wir alle haben unser Herz in diese Produktion gesteckt, um eine gute Inszenierung zu entwickeln. Die Arbeit mit unserer Regisseurin, „die darauf bedacht ist, eine exzellente Arbeit abzuliefern und immer so hart daran arbeitet, aus den Schauspielerinnen und Schauspielern das Beste herauszuholen und sie auf der Bühne überwältigend wirken zu lassen“, lässt mich keinen Zweifel daran haben, dass wir strahlen werden.

Welche Rolle spielst Du?

Ich spiele zwei Rollen: Antonio und Dogberry/Holzapfel. Mit zwölf Darstellerinnen und Darstellern aber mehr als zwölf Rollen haben einige der Schauspielerinnen und Schauspieler die Gelegenheit erhalten, mehr als eine Figur zu erarbeiten. Dies setzt schnelles Umstellen und wandelbares Schauspiel voraus. Daher ist Konzentration entscheidend. Ich empfinde den Wechsel zwischen zwei Rollen als aufregend und herausfordernd, vor allem ist aber es lohnend und bereichernd.

Welchen Stellenwert hat Shakespeare in Südafrika?

Wir leben in einem Land, das von verschiedenen Kulturen und elf offiziellen Sprachen geprägt ist. In meiner Kultur verstehen die wenigsten Shakespeare aufgrund seines „veralteten“ Englisch. Um Shakespeare verständlich zu machen müssen wir sein Werk in einen südafrikanischen – oder in unserer Provinz eher Zulu – Kontext rahmen. Sein Werk schwingt in unserer Kultur und Dingen, die uns täglich beschäftigen, mit, daher finden einige von uns ihn interessant.

Wie aktuell ist für Dich Shakespeares Werk / das Stück „Viel Lärm um nichts“?

Shakespeares Werk spricht jeden an, ganz egal von welchem Ende der Welt man stammt. Seine Werke können überall gespielt werden und erklären die Welt, je nachdem, welche Interpretation, Sichtweise oder welchen Kontext man wählt. „Viel Lärm um nichts“ ist ein sehr wichtiges Stück für mich. Es ist nicht bloß eine Komödie, sondern etwas, das es wert ist, sich damit zu beschäftigen. Denn es setzt sich mit Themen auseinander wie der Lösung gesellschaftlicher Konflikte; wie Liebe, Eifersucht und Misstrauen durch Wahrnehmung eher als Fakten manipuliert werden können; wie Bitterkeit Missgunst offenbart, die die Wahrheit verzerrt; usw. Das Stück behandelt Beweggründe, die unser Interesse an weltweiten Geschehnissen antreiben, an Dingen, die die meisten bewusst ignorieren, vielleicht weil sie unserem Herzen tatsächlich so nah sind.

Thobani Nzuza | Durban University of Technology, South Africa | 22 Jahre | Drama and Production Studies | Drittes Studienjahr | Antonio und Holzapfel

Interview mit Simina German, Regisseurin der Folkwang Inszenierung beim Folkwang Shakespeare-Festival 2016

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Foto: Katalin Moldvay

Wie bereiten Sie sich auf das Internationale Folkwang Shakespeare Festival vor?

Indem wir proben :)

Welchen Stellenwert hat das Festival für die Schauspielausbildung Ihrer Schule? 

Das Besondere ist der Austausch, den man im Rahmen dieses Festivals mit anderen jungen Schauspielerinnen und Schauspielern aus unterschiedlichsten Ländern und Kulturen haben kann. Da geht es nicht so sehr um Handwerk und etwas Neues, was man lernen soll oder kann, sondern um Menschliches, um Kommunikation, gemeinsam spielen und feiern.

Wie ist Ihre nationale Inszenierung ausgerichtet?

Wir arbeiten in einem leeren, arenaartigen Raum, bisher auch ohne Requisiten, in dem die Schauspieler ziemlich ausgestellt sind und erstmal alles oder nichts möglich ist. Inhaltlich geht es vor allem um die Frage nach Eitelkeit und Selbstinszenierung.

Haben Sie Erwartungen an die Zeit an Folkwang in Essen? Welche?

Ich habe beim Shakespeare-Festival als Studentin mitgespielt und kenne daher den Ablauf, wobei das ja von Jahr zu Jahr natürlich unterschiedlich ist. Ich habe keine Erwartungen, ich freue mich einfach drauf und finde es spannend jetzt als Regisseurin mit dabei zu sein und den Austausch auf dieser Ebene zu erleben.

Woran denken Sie, wenn Sie an die Folkwang Universität der Künste denken?

An mein Studium und daran, dass in Essen-Werden immer Musik aus den Fenstern klingt.

Wie tauschen Sie sich mit der Leitung des Festivals aus?

Wir haben dieselbe Strichfassung wie alle anderen und ich habe für unsere Inszenierung zusammen mit dem Festivalleiter, Prof. Schmidt, weiter daran gearbeitet.

Interview mit Nick James, Studierender am Victorian College of the Arts, University of Melbourne

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Foto: David Lang

Was erwartest Du vom Internationalen Folkwang Shakespeare Festival? Was erwartest Du Dir von der Zeit vor Ort in Essen bzw. hast Du Wünsche?

Ich erwarte die Gelegenheit zu haben, brillante Köpfe aus der ganzen Welt beim internationalen Folkwang Shakespeare-Festival zu treffen und mit ihnen zu arbeiten. Es wird eine großartige Möglichkeit, nicht nur die Arbeit mit anderen zu teilen, sondern auch miteinander zu arbeiten und voneinander zu lernen.

Wie bereitest Du dich auf das Festival und die Inszenierung vor?

Die Vorbereitung auf eine Shakespeare-Inszenierung bedeutet viel Recherche im Vorfeld und viel „Spielen“ im Probenraum. Wir machen viel Text- und eigenständige Heimarbeit, legen diese dann aber zur Seite, springen auf die Bühne und spielen das Stück.

Welche Rolle spielst Du?

Ich spiele Benedikt von Padua.

Welchen Stellenwert hat Shakespeare in deinem Land?

Shakespeare untersucht Gefühle, Ereignisse, Beziehungen auf jeder menschlichen Ebene. Von den Schwindel erregenden Extremen der Liebe bis hin zur tiefen Trauer – Shakespeare liefert uns die Worte, um uns eingehend mit dem zu befassen, was uns menschlich macht (vielleicht tut er dies besser als jeder andere bisher).

Wie aktuell ist für Dich Shakespeares Werk / das Stück „Viel Lärm um Nichts“?

So lange Menschen die Fähigkeit haben zu “fühlen”, wird Shakespeare von Bedeutung sein.

Nick James | The Victorian College of Arts, University of Melbourne | 27 Jahre | Bachelor of Fine Arts – Theatre Practice | Erstes Semester des dritten Studienjahres | Benedikt von Padua

Deutsche Übersetzung: Susanne Skipiol, Geschäftsstelle des Rektorats

Interview mit Anna Mikuła, Studierende der Staatlichen Theaterakademie PWST, Kraków

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Foto: Jakub Urbański 

Was erwartest Du vom Internationalen Folkwang Shakespeare Festival? Was erwartest Du Dir von der Zeit vor Ort in Essen bzw. hast Du Wünsche?

Ich erwarte die Gelegenheit zu haben, meinen Ansatz des Schauspiels und des Körpereinsatzes als Schauspielerin und Tänzerin zu teilen – und gleichzeitig andere Herangehensweisen kennenzulernen. Ich freue mich darauf, die Vorstellungen der anderen drei Gruppen zu sehen und die Möglichkeit zu haben, über deren Hintergründe, Erfahrungen sowie über ihr Denken über das Theater und Tanz zu sprechen. Unsere Kulturen sind sehr verschieden, wodurch auch unsere Art der Darstellung und Arbeit sich unterscheidet, ebenso unser soziales Verhalten. Mich interessiert, welche Aufwärmübungen die einzelnen Gruppen vor ihren Proben und Vorstellungen machen und welche Körper-, Stimm- und anderen Übungen sie während eines solchen Schaffungsprozesses – aber auch allgemein als Schauspieler oder Schauspielerin, Tänzerin oder Tänzer und Studierende – verwenden. Mögliche Workshops unter der Leitung einzelner Gruppen fände ich spannend. Ich erwarte, dass wir während des Festivals zu einer Gemeinschaft werden, in der aus unserer gemeinsamen Leidenschaft neue Ideen entstehen.

Wie bereitest Du dich auf das Festival und die Inszenierung vor?

Ich arbeite seit Januar an der Inszenierung. Ich habe die Recherchewochen beendet, in denen ich mich auf non-verbale, körperliche Weise dem Charakter genähert habe. Ich habe viel erfahren über die Zeit, in der Shakespeare lebte und seine Werke schuf. Ich habe den Stücktext mehrere Male gelesen – und dabei nicht nur meinen Charakte analysiert, sondern auch die anderen Rollen im Stück. Nach unserer Premiere, die am 26.02.2016 stattfindet, werde ich noch mehrere Gelegenheiten haben, das Stück zu spielen – was mir die Chance gibt, die Rolle in mir weiterzuentwickeln. Bevor ich nach Essen komme, werde ich mich über die anderen Gruppen erkundigen, damit ich etwas über ihren Hintergrund und ihre Ausbildung weiß. Außerdem werde ich noch einmal mein Wissen über Shakespeares Leben und die Entstehung des Stücks "Viel Lärm um nichts" auffrischen.

Welche Rolle spielst Du?

Ich spiele Dogberry/Holzapfel.

Welchen Stellenwert hat Shakespeare in deinem Land?

William Shakespeares Stücke hatten einen wesentlichen Einfluss auf polnische Autoren der Romantik – und dadurch auch auf die Polinnen und Polen dieser Zeit. Der Grundgedanke der Romantik in Polen ist in Adam Mickiewiczs Gedicht "Romantyczność" enthalten – es ist ein Zitat aus "Hamlet": "Mich dünkt, ich sehe... wo? – Vor meinem geistigen Auge". In "Kordian" von Juliusz Słowacki bildet die moralische Krise der Hauptfigur eine Anspielung auf "Hamlet"; die Einführung von Figuren mit übernatürlichen Kräften ist angelehnt an "Macbeth". Stanisław Wyspiański, ein weiterer polnischer Autor der Romantik, hat – als Ergebnis seiner Faszination für Shakespeare – in Briefen an seine Mutter seine eigene Interpretation von "Macbeth" geschrieben. Shakespeare hat zu der Ideenentwicklung dieser polnischen Autoren beigetragen und seine Werke sind Pflichtlektüre an polnischen Schulen.

Wie aktuell ist für Dich Shakespeares Werk / das Stück „Viel Lärm um Nichts“?

Konflikte, die Shakespeare zwischen Personen schafft; Überlegungen über Entscheidungen und Moral; Stereotypen – all diese Themen und viele weitere sind immer noch aktuell. Selbst wenn die Handlung seiner Stücke in der Vergangenheit spielt, so können wir sie auf die Gegenwart beziehen und beispielsweise Parallelen finden zwischen dem Verhalten von Sexton während des Verhörs von Konrad und Borachio und einem Verwaltungsangestellten, der wenig Zeit hat und schnelle, klare Antworten möchte und daher ungeduldig ist mit Menschen, die seine Zeit verschwenden. Ich bin überzeugt, dass die Welt sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit verändert. Was aber gleich bleibt, sind unsere Instinkte, Gefühle, Verhaltensweisen, die sich unseren tatsächlichen Lebensumständen anpassen. Das ist es, warum die Figuren aus Shakespeares Stücken in all ihrer Komplexität und Vieldeutigkeit allgemeingültig bleiben.

Anna Mikuła | PWST National Academy of Theatre Arts Krakow, Dance Theatre Department in Bytom (Poland) | 22 Jahre | Tanztheaterdarstellerin | 7. Semester | Holzapfel

Deutsche Übersetzung: Susanne Skipiol, Geschäftsstelle des Rektorats

Interview mit dem Festivalleiter Prof. Hanns-Dietrich Schmidt, Prorektor für Studium und Internationales der Folkwang Universität der Künste

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Foto: Heike Kandalowski

Wie ist das Festival entstanden?

Es gibt tatsächlich einen Gründungsmythos. Vor etwa 16 Jahren haben wir gemeinsam mit einer Partnerschule in Tashkent (Usbekistan) überlegt, wie man im Sprechtheater einen sinnvollen Austausch auf internationaler Ebene umsetzen kann. Der Wunsch war, dass hierbei die unterschiedlichen Sprachen kein Hindernis sein und die Zusammenarbeit dennoch über reine Gastspiele hinausgehen solle. So entstand das Format des Shakespeare-Festivals, wie wir es bis heut – und in diesem Jahr zum bereits achten Mal – durchführen.

Welche konzeptionellen Ideen und Ansätze hat das Shakespeare-Festival?

Das Konzept hat zwei Teile. Zunächst präsentieren alle beteiligten Gruppen ihre nationalen Produktionen – hier spielen kulturell spezifische Ansätze, Methoden, Interpretationen und Schwerpunkte eine spannende Rolle; das ist auch für das Publikum interessant. Im zweiten Teil wird es international. Alle Studierenden entwickeln gemeinsam mit den Regisseurinnen und Regisseuren innerhalb weniger Tage eine internationale, mehrsprachige Aufführung, an der alle beteiligt sind.

Wie werden die beteiligten Partnerschulen ausgewählt?

Bei der Auswahl spielen persönliche Kontakte und Erfahrungen eine entscheidende Rolle. Dabei geht es um Qualität, Verlässlichkeit und Erfahrung im internationalen Austausch. Auch müssen die Partnerschulen bereit sein, ihren nicht unerheblichen Anteil an der Finanzierung der Teilnahme beizutragen. Mittlerweile ist es häufiger der Fall, dass interessierte Schulen eines der Festivals besuchen und sich einen unmittelbaren Eindruck machen, bevor sie sich für eine Teilnahme entscheiden.

Nach welchem Kriterium wird das jeweilige Stück ausgewählt?

1. Shakespeare – warum? Jedes Shakespeare-Stück kann mit etwa zwölf Darstellerinnen und Darstellern (inklusive Doppelbesetzung) gespielt werden. Des Weiteren steht bei Shakespeare-Stücken der Schauspieler oder die Schauspielerin im Mittelpunkt. Die Bühne kann – wie zu Shakespeares Zeiten – leer sein, was unser Format logistisch voraussetzt. Alles entsteht durch die Darstellerinnen und Darsteller und die Sprache. Dies zur Entscheidung für den Autoren.

Die Stückwahl wird gemeinsam mit den jeweiligen Partnerhochschulen diskutiert – in den meisten Fällen haben wir uns bisher für „Komödien“ entschieden.

Warum ist es dieses Mal „Viel Lärm um nichts“?

Nach sieben Festivals ist dies eine der letzten „großen“ Komödien Shakespeares, die wir noch nicht gezeigt haben. Alle Beteiligten hatten Lust auf dieses vielschichtige und reiche Material.

Wie laufen die Vorbereitungen ab?

Etwa anderthalb Jahre vor dem Festival stehen Partner und Stück fest. Es entsteht eine englische Strichfassung, die die Grundlage für die Arbeit aller beteiligten Gruppen bildet. Es gibt jedoch keinerlei Abstimmung über die Konzeption der nationalen Fassungen. Je verschiedener sie sind, umso reizvoller ist es.

An Folkwang bedeutet dies zum einen die Erarbeitung der eigenen Inszenierung, gleichzeitig aber auch die komplette organisatorische Vorbereitung für den Aufenthalt der Gruppen: Disposition, Technik, Transfers, Unterkunft, etc. Wir haben Anfang Februar mit den Proben an unserer nationalen Aufführung begonnen.

Was sind die Herausforderungen eines Internationalen Shakespeare-Festivals wie diesem?

Die scheinbaren Herausforderungen, über die man sich im Vorfeld potentiell den Kopf zerbricht, löst in den meisten Fällen die Gruppendynamik während des Festivals. Sowohl die beteiligten Regisseurinnen und Regisseure als auch die Studierenden sind jeweils gemeinsam untergebracht und somit durchgehend im Austausch. Wichtig ist – und das ist bisher immer gelungen: Das Festival ist kein Wettbewerb. Es geht um Neugierde, Offenheit, Austausch und gemeinsame Erfahrungen und nicht darum, „besser“ oder „schlechter“ zu sein.

Welche besonderen Momente sind Ihnen aus den vergangenen Jahren in Erinnerung geblieben?

Für einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist das Festival die erste Auslandserfahrung – dies bedeutet für uns als Gastgeber eine besondere Verantwortung, der wir uns aber gerne und mit aller Herzlichkeit stellen. Durch manche Gruppenkonstellationen gab es einen ungewöhnlichen Austausch, wie z. B. bei dem Festival, an dem sowohl Studierende aus den USA als auch Palästina beteiligt waren – hier war Gesprächsstoff vorprogrammiert.

Worauf freuen Sie sich beim Shakepeare-Festival 2016 besonders?

Neben der polnischen Gruppe, die zum zweiten Mal am Festival teilnimmt, haben wir in diesem Jahr mit Südafrika und Australien gleich zwei Partner aus Kontinenten dabei, die bisher nicht beim Festival vertreten waren.

Das Interview wurde geführt vom Dezernat 3: Kommunikation & Medien.