Die Folkwang-Idee "Kunst für alle"

"Ich stehe noch unter dem Zauber dessen, was Sie mir gestern zu sehen gestatteten." Diese Zeilen schrieb Le Corbusier am 10. Mai 1911 an Karl Ernst Osthaus, nachdem er einen Tag zuvor die Folkwang-Projekte des Museumsgründers, Mäzens und Kulturvermittlers in der "unbekannten kleinen Industriestadt Hagen" bewundern konnte. Osthaus strebte danach, Kunst und Leben miteinander zu versöhnen und die menschlichen Lebensbedingungen zu verbessern. Er trug dazu bei,  dass die Zeit des >Aufbruchs in die Moderne< in der Architektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer der wegweisendsten in der Architekturgeschichte wurde.

Durch Osthaus' Engagement wird die Moderne in der Provinz wahrnehmbar. Er suchte zusammen mit den innovativsten Architekten seiner Zeit nach Lösungen auf architektonischem und städtebaulichem Terrain. Osthaus förderte Bruno Taut, der das Konzept der Stadtkrone in Hagen verwirklichen sollte und Walter Gropius, dessen Talent er früh erkannte. Henry van de Velde  baute den Hohenhof, Peter Behrens und J. L. M. Lauweriks konnten ebenfalls Projekte realisieren.

Nicht nur der junge Le Corbusier besuchte das  "Gesamtkunstwerk" in Hagen, um sich von den fortschrittlichen Gedanken inspirieren zu lassen, die anregende Atmosphäre am Folkwang lockte außerdem auswärtige Künstlerinnen und Künstler an. Das Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe, als mobiles Museum von Osthaus konzipiert, zeigte seine Exponate in der Wanderausstellung "German Applied Art" sogar in den USA. Die Ausstellung präsentierte sowohl Industriedesign als auch moderne deutsche Kunst. (Dipl.-Ing. Stefanie Gernert, Seminar an der Uni-Wuppertal im Sommersemester 2008)

1874
Dr. h.c. Karl Ernst Osthaus, geb. am 15. April in Hagen (Museumsgründer, Mäzen und Kulturvermittler)
Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und Naturwissenschaften in Kiel, München, Berlin, Straßburg, Wien und Bonn.

1899
Er gründet in Hagen das Folkwang-Museum (heute Karl-Ernst-Osthaus-Museum) Es spiegelt die Idee von Osthaus wieder, dass die Kunst allen offen stehen solle.

1901

Gründung der Folkwang-Malschule

1902

Eröffnung des Folkwang-Museums (Kunstmuseum und naturwissenschaftliche Sammlung)

1909
Er wird Mitglied im Deutschen Werkbund und gründet mit dessen Hilfe in Hagen das "Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe "

1919
Veröffentlichung seines Buchs "Grundzüge der Stilentwicklung" im eigenem Folkwang-Verlag

1919 – 33
Gründung des Bauhauses in Weimar durch Walter Gropius. Ab 1925 / 26 Verlagerung nach Dessau

"Der Bau der Zukunft" sollte alle Künste in idealer Einheit verbinden. Dies erforderte einen neuen Typ des Künstlers jenseits akademischer Spezialisierung, dessen Erziehung am Bauhaus angestrebt wurde. Gropius sah den Weg zu diesem Ziel in neuen pädagogischen Methoden und im Handwerk als Voraussetzung jeder Kunst "Die Schule soll allmählich in der Werkstatt aufgehen". Folglich arbeiteten am Weimarer Bauhaus Künstler und Handwerker gemeinsam in Lehre und Produktion. Auf diese Weise sollte die Trennung zwischen freier und angewandter Kunst aufgehoben werden (kunstwissen.de / Bauhaus-Pädagogik / R. Wick)

1920
Als Reaktion auf die Novemberrevolution und die Veränderungen in der Gesellschaft plädiert Osthaus für die Einrichtung von Folkwang-Schulen. Später hat er auch Musik, Schauspiel und Gymnastik mit in das Konzept der Folkwang - Schulen einbezogen

1921
Karl-Ernst Osthaus stirbt am 25. März in Meran

1922
Ein Jahr nach seinem Tod verkaufen seine Erben sämtliche Bestände des Folkwang-Museums für 15 Millionen Reichsmark an die Stadt Essen, nach dem die Stadt Hagen das Angebot abgelehnt hatte.

2010
Bewerbungsmotto für die Kulturhauptstadt. "Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel" (Leitspruch von Karl Ernst Osthaus)"

Autor

Wolfgang Röver