Folkwang trauert um den langjährigen Lehrbeauftragten Klaus Borkens

Der Performer, Artist, Tänzer und Pädagoge Klaus Borkens war seit 2004 an der Folkwang Universität der Künste im Fachbereich Darstellende Künste verantwortlich für das Fach „Akrobatik“. Am 9. März 2022 ist er im Alter von 66 Jahren verstorben.
Ein Gedenken der Professoren Thomas Stich, Thomas Rascher, Thomas Buts, Stephan Brinkmann sowie der Studierenden und Alumni des Studiengangs Physical Theatre:

Foto: Claus Marius Petersen

Foto: Claus Marius Petersen

 

Wir trauern um Klaus Borkens, unseren langjährigen Kollegen. Er ist am vergangenen Mittwoch nach kurzer schwerer Krankheit verstorben.


Klaus hatte seit dem Sommersemester 2004 in den Studiengängen Physical Theatre, Schauspiel und im Institut für Zeitgenössischem Tanz einen Lehrauftrag in den Fächern Akrobatik, Acrobalance und physical dance inne. In den 18 Jahren seiner Lehrverpflichtung hat er die Inhalte dieser spezifischen Körperarbeit für die jeweiligen Studiengänge verfeinert und durch seinen unstillbaren Wissensdrang bis zum heutigen Tage weiterentwickelt. Sein Satz: „Nicht der Trick ist entscheidend, sondern was er erzählt“ ist unter den Student*innen legendär. Die Lehre wird immer glaubhaft, wenn der Lehrer sie verkörpert. Das trifft umso mehr auf Klaus zu:

Er war ein Mensch aus dem Ruhrgebiet. Im Kreis Recklinghausen aufgewachsen, fühlte er sich den Menschen und der Region zeitlebens mit der Herzlichkeit und Echtheit verbunden. Er durchforschte die Gelände der umliegenden stillgelegten Industrieflächen und liebte es, kopfüber von den Wänden am Seil zu hängen, zu schaukeln oder auf Fabrikflächen zu tanzen, sich mit der Umgebung zu verbinden und, wie er es nannte, in einen physischen Dialog zu treten.


Von dieser Feldforschung profitierten die Student*innen in den letzten Jahren vermehrt, gab es doch auf dem Gelände des Weltkulturerbes Zollverein immer wieder sein Angebot für „site-spezifische“ Arbeiten, Projekte draußen an unglaublichen Orten auf Zollverein, die die Student*innen zu riskanten, atemberaubenden körperlichen Umsetzungen unter seiner souveränen Anleitung inspirierten.


„Körper-Klaus“, wie er liebevoll von den Studierenden genannt wurde interessierte sich für die Förderung des individuellen Weges jedes Einzelnen. Mit Akribie, Leidenschaft und Hingabe entwickelte er immer wieder neue Formate der Lehre. Seit einigen Jahren bot er auch an zehn Samstagen im Semester sein Modul AKROfreestyle an, in dem die Studierenden in einer Großgruppe jede*r an ihren*seinen Fertigkeiten arbeiten konnten, wie Seil, Tuch, Flick Flack, Handstand, Rollen etc. In diesem Tohuwabohu fühlte er sich am wohlsten, im lebendigen Dialog mit seinen Student*innen, immer bereit das Ende der Stunde hinauszuzögern.


Als ausgebildeter Diplompädagoge war ihm immer wichtig, in welchem Kontext seine Lehre eingebettet war. Deshalb ist sein Beitrag für die Gesamtentwicklung der Körper-Inhalte in den Studiengängen entscheidend gewesen. Als Mitbegründer der Initiative des Bundesverbandes Zeitgenössischer Zirkus brachte er auch von dieser Seite eine enorme Expertise in die Lehre der Körperausbildung für darstellende Künstler*innen. Klaus war immer auf dem Sprung, oder sollte ich sagen in der Luft? Er kam von und ging nach. Jetzt müssen wir sein Gehen akzeptieren.


Mit großer Dankbarkeit nehmen wir Abschied und sind traurig, dass er nun nicht mehr unter uns ist. Er wird uns fehlen.

 

Thomas Stich_Professor für Physical Theatre, Studiengangsbeauftragter und Prodekan des Fachbereichs 3
Thomas Rascher_Professor für Schauspiel | Bewegungslehre und Prorektor für Veranstaltungen
Thomas Buts_Professor für Physical Theatre | Stimme und Sprechen
Dr. Stephan Brinkmann_Professor für Zeitgenössischen Tanz und Leiter des Instituts für Zeitgenössischen Tanz

 

 

Nachruf der Studierenden und Alumni des Studiengangs Physical Theatre

 

Wir, die Studierenden und Alumni des Studiengangs Physical Theatre, trauern um Klaus Borkens, unseren Dozenten, Kollegen und Freund.

Klaus war ein fester Bestandteil unserer Gemeinschaft, ein zuverlässiger, großherziger, für alles zu begeisternder, wunderbarer Mensch. Niemand teilte seine Zeit und seine Kraft so großzügig mit uns: Egal ob Extra-Unterricht um acht Uhr morgens, spontane Umzugshilfe oder Proben unserer Stücke bis tief in die Nacht, Klaus war für uns da. Nicht nur im Akrobatik-Unterricht leistete er für uns Hilfestellung, sondern auch außerhalb des Tanzsaal B war er ein "Spotter" auf den wir immer zählen konnten.

Wenn wir an Klaus denken, denken wir daran, wie ernst er uns als Studierende nahm und mit wie viel Respekt er jedem*jeder einzelnen entgegenkam. Mit unendlicher Geduld und Aufmerksamkeit versuchte er bei jeder Person herauszufinden, wie er helfen kann.

Wir denken daran, wie er uns morgens um neun mit einem warmen "Moin" begrüßte, an "Monkey" an "Querlenker", "Hängebauchschwein" und "Lizard", nur um einige seiner ganz eigenen Akrobatik-Worte zu nennen.

Wir denken an ihn, als ein Urgestein des Ruhgebiets, das er in- und auswendig kannte und für das sein Herz schlug. Mit seinem gigantischen Schlüsselbund öffnete er uns Türen und Einblicke in die Industriekultur und organisierte einen Workshop auf Zollverein, der fester Bestandteil des Studiums hätte werden sollen.

Außerdem denken wir an ihn als den schrägen Mann mit bunter Mütze und buntem Bus, dessen Mails immer mit „d´ Klaus“ unterschrieben waren und oft gelben Hintergrund hatten. Klaus, der sich manchmal in seinen Monologen verrannte und immer für einen guten Spruch zu haben war: "Das kannst'e halten wie 'n Dachdecker!"

Wir denken daran, wie aktiv er FULLSPIN und das PTN (Physical Theatre Netzwerk) unterstützt hat.
Oder wir denken daran, dass wir alle mindestens noch ein Buch oder ein Fitness-Gerät von ihm haben, das wir ihm immer noch nicht zurückgeben haben. Wir denken an Klaus als einen Menschen, der immer Verständnis hatte und niemals nachtragend war.

Wir denken an AkroFreestyle an Samstag Vormittagen, die meistens nach drei Stunden Training beim Bäcker mit Kaffee und Croissants beendet wurden. Wir denken daran, dass er immer bei unseren Shows fotografiert hat, damit wir Fotos haben.

Wir denken an Klaus, als jemanden, der Folkwang und besonders das Physical Department zu einem vertrauten und familiären Ort für so viele Generationen von Studierenden gemacht hat. Klaus war ein lebensfroher Mensch, der immer die positiven Seiten sah, egal wie schwer die Situation besonders in den letzten zwei Jahren war. Er war ein Autodidakt und selbsternannter "Universaldilettant" mit einem riesigen Wissensschatz, den er gerne und ausführlich teilte. Er war ein Lebenskünstler, der nicht zuletzt dank seines "toolbelts" immer für jede Lebenslage gewappnet war.

Klaus konnte man einfach nur mögen, weil er so ein großes Herz hatte.
Ein Physical Theatre Studium ohne Klaus können wir uns kaum vorstellen.
Sein Tod erschüttert uns und hinterlässt eine große Lücke.

 

Foto: Claus Marius Petersen
Foto: Claus Marius Petersen

11. März 2022