Folkwang

Weltenbummler und Meisterdiebe

Folkwang Student produziert Abenteuerhörspiel über fliegende Schiffe und spektakuläre Kunstdiebstähle

Gerade einmal vier Jahre gibt es den Master-Studiengang „Professional Media Creation“ nun an der Folkwang Universität der Künste. Ziel des Studiums ist es, in kurzer Zeit ein Projekt unter Einbeziehung elektronischer Medien zu erarbeiten, umzusetzen und schließlich markttauglich zu gestalten.
Stefan Oberle (S.O.) ist in diesem Jahr der zweite Absolvent. Am 5. Dezember wird er sein Masterprojekt, ein Hörspiel namens „Weltenbummler und Meisterdiebe“, vorstellen. Verwirklicht hat er das Ganze, betreut von Jan-Friedrich Conrad, zusammen mit anderen Studierenden und AbsolventInnen der Folkwang Universität der Künste.
Die Geschichte zum Hörspiel hat er sich bereits vor Jahren ausgedacht.
Auch Stefan selbst ist ein Weltenbummler, denn für sein Projekt reiste er nicht nur quer durch Deutschland, sondern auch nach Slowenien.
Folkwang StudiScout Lisa Koenig traf den aus Ingolstadt stammenden Studenten in einem Café in Essen. Hier das Gespräch über ein interdisziplinäres Projekt, das von einer gesunden Portion Humor und einer realistischen Weltanschauung geprägt ist.

Weltenbummler und Meisterdiebe Hoerspiel Titelbild

Weltenbummler und Meisterdiebe Hoerspiel Titelbild

 

_Stefan, beim Master „Professional Media Creation“ geht es darum innerhalb von zwei Jahren ein Projekt auf die Beine zu stellen und dieses anschließend zu vermarkten. Deine Idee war, es im Rahmen dieses Master-Programmes ein Hörspiel namens „Weltenbummler und Meisterdiebe“ zu entwickeln. Worum geht es bei dem Projekt?

S.O.: „Weltenbummler und Meisterdiebe“ ist ein sechsstündiges Abenteuerhörspiel, in dem es um eine Bande jugendlicher Meisterdiebe geht, die mit ihrem fliegenden Schiff auf der ganzen Welt spektakuläre Kunstdiebstähle verüben.
Als Toningenieur habe ich schon an mehreren Hörspielen mitgearbeitet und ich wollte schon immer selbst ein Hörspiel machen. Da habe ich mir gedacht, dass das doch für meine Masterarbeit ideal wäre. Zudem ist das Ganze ein total interdisziplinäres Projekt. Als Wahlpflichtfach habe ich „Komposition“ gewählt. Außerdem habe ich hier an der Folkwang Universität der Künste die Möglichkeit, mit den verschiedensten Leuten zusammenzuarbeiten, mit den SchauspielerInnen aus Fachbereich 3, mit den MusikerInnen aus Fachbereich 1 und auch den MusiktheoretikerInnen aus Fachbereich 2.


_Die Geschichte zu „Weltenbummler und Meisterdiebe“ hast du selbst geschrieben. Wie bist du darauf gekommen?


S.O.: Es gibt ja praktisch keine Geschichte, die noch nicht erzählt wurde. Im Grunde ist das also zwar schon alles meiner Fantasie entsprungen, allerdings bin ich ein großer Fan von Jules Verne, ich liebe „Ocean’s Eleven“ und mag auch die „Fünf Freunde“ und „Die Drei Fragezeichen“. Das alles ist gewissermaßen ein bisschen mit in die Geschichte eingeflossen.
Ich bin einfach ein Fan von Abenteuergeschichten. Die hört und sieht man inzwischen allerdings leider sehr selten. Das hat mich dazu animiert, mir diese Geschichte auszudenken. Im Prinzip habe ich sie mir schon vor zehn Jahren ausgedacht, denn ursprünglich wollte ich sie als Buch veröffentlichen. Ich habe auch begonnen sie aufzuschreiben, das Projekt dann aber nicht weiter verfolgt. Erst jetzt, im Zuge meines Studiums, habe ich die Geschichte dann zum Hörspiel ausgearbeitet.


_Normalerweise werden solche Abenteuergeschichten ja immer aus Sicht der „Guten“ berichtet, die alle möglichen Kriminalfälle lösen. Du hingegen berichtest aus der Sicht von sechs Meisterdieben, also praktisch aus Sicht der „Bösen“. Was hat dich dazu bewogen?


S.O.: Ich bin kein Freund von Schwarz und Weiß, von Gut und Böse. Und letztendlich gehören meine Protagonisten sogar zu den „Guten“. Es geht mir darum, dass der Zuhörer sich mit diesen Figuren identifizieren kann und für ihn auch nachvollziehbar ist, warum sie so handeln. Die Tatsache, dass sie Kunstdiebstähle verüben, wird natürlich nicht gutgeheißen, und auch die Diebe selbst sind sich darüber im Klaren, dass das, was sie tun, falsch ist. Ich mag Geschichten, in denen die Protagonisten etwas tun, was sie später rechtfertigen müssen. Das Buch „Herr der Diebe“ zum Beispiel, von Cornelia Funke, habe ich richtiggehend verschlungen.

_Den Spieß jetzt einfach umzudrehen, aus Sicht der Kriminellen zu berichten, um zu zeigen, dass auf der Welt eben nicht alles schwarz oder weiß ist, kein Mensch nur gut oder nur böse: Dazu gehört schon eine ordentliche Portion Humor.

S.O.: Bei den drei Fragezeichen sind es ja Detektive, die Fälle lösen. Die machen aber auch Fehler, das sind Menschen! Genauso ist es bei den Meisterdieben. Im Grunde genommen gehen sie höchst professionell an ihre Diebstähle ran, und sie alle haben bestimmte Fähigkeiten. Der Anführer, Ninus, zum Beispiel, ist ein begnadeter Kunstfälscher und kann hervorragend malen. Manchmal hängt er seine eigenen Bilder in die Galerien, damit der Diebstahl nicht gleich auffällt. Julius, „der Planer“, auf der anderen Seite, sorgt mit seinen minutiös durchgetakteten Plänen dafür, dass die Meisterdiebe am Ende immer heil aus der Sache herauskommen.
Durch einen unglücklichen Zufall stößt später ja auch der „Prinz“ zur Bande dazu, der sich zu Beginn eher widerstrebend mit den fünf Meisterdieben arrangiert, dann aber merkt, dass er in ihnen richtig tolle Freunde gefunden hat. Das ist eben auch ein Inhalt des Hörspiels: Alles wird relativiert, wie im echten Leben auch.


_Das Ganze hast du ja von verschiedenen Leuten einsprechen lassen. Einmal von Schauspielerinnenn und Schauspielern der Folkwang Universität der Künste, aber auch von professionellen SprecherInnen. Wie bist du dabei vorgegangen?

S.O.: Nachdem ich das Dialogbuch fertig hatte, habe ich hier an der Folkwang erst einmal zwei Castings mit den Schauspiel-Studierendenen und -Absolventen veranstaltet. Die Rollen habe ich dann mithilfe meines Betreuers besetzt. Besonders die jugendlichen Rollen haben wir fast ausnahmslos durch Folkwang-Studierende besetzt, aber auch andere, größere Rollen. Das Ergebnis ist wirklich erstaunlich gut, die Leute hier sind fantastisch! Sie haben das so toll interpretiert, man merkt richtig, dass sie die Figuren sind. Es ist alles so natürlich!
Für andere größere und auch kleinere Rollen hab ich dann deutschlandweit nach Sprecherinnen und Sprechern gesucht. Da diese allerdings nicht immer ins Tonstudio nach Essen oder Bochum kommen konnten, bin ich selbst auf die Reise gegangen. Ich habe also auch in Berlin, Bremen, Hamburg, Köln und München aufgenommen.


_Genau wie deine Hauptfiguren bist du also selbst viel herumgereist!

S.O.: Genau! Vor drei Wochen war ich wegen der Musik auch noch in Ljubljana. Dort habe ich noch ein paar Instrumente aufgenommen.


_Womit wir bei der nächsten Frage wären: Zur Untermalung eines Hörspiels gehört auch Musik. Für „Weltenbummler und Meisterdiebe“ hast du die Musik komplett selbst komponiert und hast sie mit einem Orchester bestehend aus Folkwang Musikerinnen und Musikern aufgenommen. Wie bist du darauf gekommen?

S.O.: Nun, das hat sich einfach angeboten. Vor 20 bis 30 Jahren waren Hörspiele noch mehr mit Synthi-Klängen verbunden und bewusst künstlich gemacht. Außerdem hatte man auch fast nur zwischen den Szenen Musik. Mittlerweile hat sich das aber weiterentwickelt und inzwischen sind beispielsweise die Hörspiele, die der WDR produziert, oder auch viele Hörspiele aus der freien Szene wie Filme von Musik unterlegt. Die Musik ist also gezielt auf die einzelnen Szenen drauf komponiert.
Hier an der Folkwang habe ich endlich die Möglichkeit, einmal mit richtigen Musikerinnen und Musikern zu arbeiten und die habe ich genutzt. Das war zwar ein sehr großer Aufwand, aber es hat sich auch gelohnt. Es ist der absolute Wahnsinn, wie die Musik auf einmal klingt. Das ist nicht allein mein Verdienst, sondern vor allem der der MusikerInnen, die das so wunderschön interpretiert haben. So etwas bekommt man mit dem Computer gar nicht hin. Man kann die Musik mit dem Computer zwar inzwischen einigermaßen realistisch klingen lassen, aber das Herz und die Seele, die da reingelegt wurden, das geht nur mit tollen Musikerinnen und Musikern.

Weltenbummler & Meisterdiebe
Weltenbummler & Meisterdiebe


_Wenn man das alles einmal zusammenfasst, hast du also ein komplettes Dialogbuch geschrieben, Schauspieler ausgewählt, Rollen besetzt, das alles aufgenommen und auch die Musik noch selbst komponiert. Wie kommt es, dass du dich in so vielen Dingen auskennst und ein so interdisziplinäres Projekt so professionell auf die Beine stellen konntest?

S.O.: Naja, ob das jetzt so professionell ist… Ich habe irgendwie alles schon irgendwann einmal gemacht. Ich bin ja ausgebildeter Toningenieur und habe dadurch schon mit verschiedenen MusikerInnen und Orchestern zusammengearbeitet und aufgenommen. Vor allem in der Aufahmetechnik bin ich also relativ fit. Da ich Hörspiele mag, habe ich außerdem auch schon selbst bei mehreren mitgewirkt und vor drei Jahren auch selbst schon eins zusammen mit einer Kabarettgruppe produziert. Inzwischen bin ich eben an dem Punkt angelangt, dass ich sagen kann: „Ein Hörspiel, das kann ich machen, das ist realistisch.“ Ein Film auf der anderen Seite wäre nicht realistisch. Zwar mache ich auch manchmal kleine redaktionelle Videobeiträge, weil ich freiberuflich schon als Kamerajournalist gearbeitet habe, aber meine Kernkompetenzen liegen wohl doch eher beim Hörspiel.
Musikalisch gesehen denke ich, dass ich dadurch, dass ich auch schon eine Ausbildung als Kirchenmusiker gemacht habe und nun an der Folkwang noch Kompositionsunterricht bekomme, zumindest in der Komposition für Medien solide Werke erschaffen kann und mit meinem musiktheoretischen Wissen auf einem Niveau bin, auf dem ich handwerklich vernünftig arbeiten kann. So ist das mit vielen Dingen. Zum Beispiel habe ich auch oft Regie geführt und auch einmal eine Logopädie-Ausbildung begonnen. Deshalb kenne ich mich gut mit Sprache und Stimme aus.


_Und singen tust du auch noch!


S.O.: Ja, aber nur im Vokal-Ensemble!

_Am 5. Dezember stellst du dein Master-Abschlussprojekt vor, und ab da soll das Hörspiel dann auch in den Verkauf gehen. Bis dahin muss das Hörspiel dann also fertig und die CDs gepresst sein. Wie finanziert sich das Projekt?

S.O.: Tatsächlich habe ich ich private Investoren und Sponsoren, und ich habe natürlich auch selbst viel Geld in das Projekt gesteckt, um zum Beispiel die Sprecherinnen und Sprecher bezahlen zu können.
Allerdings reicht es für die Pressung der CDs leider gerade nicht. Ich mache dieses Hörspiel ja nicht nur dafür, dass ich eine tolle Abschlussarbeit abgeben kann, sondern dafür, dass es gehört wird. Deshalb ist es mir sehr wichtig, dass es auf CD erscheint. Da es sich um ein sechsstündiges Hörspiel handelt, ist die Pressung mit allem Drum und Dran sehr teuer. Wenn ich das Geld zusammenbekomme, kann ich die CDs pressen lassen. Ansonsten wird es schwierig, das Projekt überhaupt zu veröffentlichen.


_Das wäre natürlich sehr schade, da „Weltenbummler und Meisterdiebe“ sicherlich vor allem Kinder, aber auch Jugendliche und Erwachsene ansprechen und begeistern würde. Wodurch könnte man dich denn unterstützen?

S.O.: Bis zum 15. November gibt es noch die Möglichkeit, das Projekt durch Spenden zu unterstützen. Das bedeutet allerdings nicht, dass man nur in das Hörspiel investiert, sondern man bekommt auch etwas dafür. Man kann sich eine CD oder den Download des Hörspiels oder eben andere kleine Geschenke sichern, indem man einen bestimmten Betrag spendet.  

_Bei deinem Abschlussprojekt am 5. Dezember führst du nicht das eigentliche Hörspiel, sondern eine Art Vorgeschichte zur Geschichte des Hörspiels vor. Begleitet werden die SchauspielerInnen dabei durch ein etwas abgespecktes Orchester. Wie wird das ablaufen?


S.O.: Abgespeckt ist gut: Im Grunde sind es am 5. Dezember nur vier Musiker. Aber das reicht auch. Das wird ein sehr netter Abend. Die Vorgeschichte wird praktisch als Live-Hörspiel dargeboten, unterlegt von einem Live-Geräuschemacher. Das wird auf jeden Fall etwas fürs Ohr und fürs Auge!



Falls Ihr noch mehr über das Hörspiel wissen möchtet, geht es hier zur Homepage: meisterdiebe.com

 

Ein Beitrag im Rahmen des Projekts „Folkwang StudiScouts“.

 

Lisa Koenig / 06. November 2017