Zum Wintersemester 2017|18 wird der gesamte Fachbereich Gestaltung neue Räumlichkeiten auf dem Campus Essen-Zollverein beziehen. Das ist selbstverständlich eine aufregende Angelegenheit, wenn man sich die letzten Jahre mit den Werkstätten und dem doch sehr rauen Charme an der Universität Duisburg-Essen anfreunden musste, an dem die GestalterInnen bisher zu Hause waren. So ist heute, am 3. April, an dem sich einige ProfessorInnen, Lehrende, MitarbeiterInnen und Studierende vor dem Neubau versammeln, um bei einem exklusiven Rundgang erste Einblicke in das Gebäude zu erhaschen, erwartungsgemäß vorfreudig. Und auch StudiScout Mona Leinung, Masterstudentin in Kunst- und Designwissenschaft, ist mehr als neugierig, wie das neue Zuhause für die Folkwang-GestalterInnen in Konzeption, Nutzung und Wirkung geplant und umgesetzt worden ist.
Aus der Ferne betrachtet kommt der Neubau erst einmal als monumentaler Bauriese aus Stahlbeton daher. Die Höhenvorsprünge der einzelnen Baukörper prägen dabei den Entwurf des Stuttgarter Büros MGF Architekten, die zusammen mit Wenzel + Wenzel, Architekten aus Frankfurt, den europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb 2011 gewonnen haben. Laut baunetz.de haben sie durch diese verschiedenen „Decks“ eine kleinteilige Erscheinung des sonst so gewaltigen Gebäudes beabsichtigt. Die Fassade aus verzinktem Stahlblech soll für Robustheit und den Industriecharakter des Zechenstandorts stehen und strahlt auf den ersten Blick auch etwas sehr Massives und Kolossales aus. Aber bei näherem Hinsehen ist das Metallkleid der Fassade nicht eindeutig glänzend oder matt, sondern changiert je nach Sonnenlichteinfall und wird mit der Zeit eine Patina annehmen und weitere Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche entwickeln. Eine schöne Sache, finde ich, denn dieser prozesshafte Charakter erinnert irgendwo an das Entstehen kreativer Ideen, die auch manchmal Zeit brauchen, erst wachsen und sich entwickeln müssen.
Und während wir also so durch die frisch gestrichenen Räume ziehen, spielen sich in meiner Fantasie zwei Szenarien ab: In der ersten füllen sich die Ateliers und Werkstätten mit Leben, man hört das leise Surren einer Fräsmaschine, vielleicht ertönt von irgendwo Musik, sicher bricht die Sonne durch das Dach und auf den Gängen trifft man sich dank der vielen Blickachsen zur unvermittelten Kaffeepause.
Oder aber: es will so richtig lebendig nicht werden in den klinischen Räumen, ab und zu sieht man jemanden hastig über den Flur huschen, die Akustik dringt von nirgendwo nach nirgends, ach, und an die Wände dürfen sie nichts hängen, das untersagt der Brandschutz – schade, das Konzept ginge so nicht auf und das unbeschriebene Blatt bliebe weiß.
Time will tell, würde Dave Hause dazu singen. Aber als wir auf dem Weg nach draußen sehen, wie das Licht durch die Fenster fällt und prismenartig in bunten Farben vor unseren Füßen auf der Treppe gebrochen wird, will ich es als sanften Hinweis aus der Zukunft verstehen, dass mit Variante 1 zu rechnen ist.
Ein Beitrag im Rahmen des Projekts „Folkwang StudiScouts“.
Mona Leinung / 03. Mai 2017