Folkwang

Ich bin, wie du mich siehst!

Nobis Conecta #1: Kunst, die verbindet…


Erst seit 2014 bietet die Folkwang Universität der Künste den Master-Studiengang „Professional Media Creation“ an. Mithilfe renommierter Dozenten und - wie der Name schon verrät - unter Einbeziehung verschiedener Medien sollen Studierende innerhalb von vier Semestern ein Projekt ihrer Wahl auf die Beine stellen und vermarkten.
Im Juli 2017 als erste Absolventin überhaupt, schloss nun Roberta de Lacerda Medina mit ihrem Projekt „Nobis Conecta #1“ erfolgreich ihren Master in „Professional Media Creation“ ab. Studiscout Lisa Koenig war bei der Generalprobe.

Nobis Conecta c Roberta de Lacerda Medina

Nobis Conecta c Roberta de Lacerda Medina

 

„Wie siehst du mich?“ Unübersehbar prangen die vier Worte auf der riesigen Leinwand über der Bühne. Allerdings nur ganz kurz, dann sind sie auch schon wieder verschwunden.
Zweifelsohne jedoch eine berechtigte Frage, denn bis auf die schwarze Figur, die inzwischen künstlerisch über die Leinwand zuckt und die zwei Lichtkegel rechts und links am Rand der Bühne, ist es stockdunkel.
Nur schemenhaft nimmt man schließlich die Tänzerin (Mònica Sicart Adell) wahr, die sich zu den improvisierten Klängen eines Cellos (Jonas Wolf) bewegt. Dann, wie aus dem Nichts, die Frage: „Do you see me?“ („Siehst du mich?“) Laut und kraftvoll durchbricht die Stimme der niederländischen Physical-Theatre-Studentin Ottoline Calmeijer Meijburg die Dunkelheit.

Es ist Donnerstag, der 13. Juli 2017. Die Generalprobe zu Roberta de Lacerda Medinas Master-Abschlussprojekt „Nobis Conecta #1“ hat gerade begonnen.
Der Name des Projektes stammt teilweise aus dem Lateinischen, teilweise aus dem Portugiesischen und bedeutet im übertragenen Sinne so viel wie „Wir verbinden!“ Und das trifft den Nagel auf den Kopf, denn die vier Akteure Ottoline Calmeijer Meijburg (Schauspiel) Monica Sicart Adell, Carolina Paludo Sulczinski (beide Tanz), Jonas Wolf (Cello)  und die beiden Technikerinnen Roberta de Lacerda Medina (Inszenierung/Technik) und Christine Boedeker verstehen das Konzept der „Aktion-Reaktion“ ausgezeichnet. So verschmelzen der improvisierte Text der Schauspielerin, die mal fließenden, mal hektischen Bewegungen der Live-Tänzerin, der unverkennbare Klang des Cellos und das auf der riesigen Leinwand ablaufende Video, für das sich die Tänzerin Carolina Paludo Sulczinski filmen ließ, geradezu miteinander, unterstreichen und verstärken sich gegenseitig. Tanz - Schauspiel - Musik - Technik: Alles steht in direktem Zusammenhang.

„Bei ‚Nobis Conecta‘ geht es in erster Linie darum, mediale Kunst mit Live-Performance zu verknüpfen. Daher auch der Name!“, erklärt die gebürtige Brasilianerin Roberta. Die Idee zu ihrem Masterprojekt hatte sie bereits vor langer Zeit. Ursprünglich sollte jedoch nur ein Live-Performer zu medialem Hintergrund improvisieren. „Aber dann hatte ich immer mehr Ideen und es wurden immer mehr Künstler eingebunden“, lacht sie, „am Ende fehlte mir dann nur noch die Schauspielerin.“

Auch in Zukunft möchte Roberta de Lacerda Medina, die in Brasilien Kommunikationswissenschaften studiert hat, sich dem Thema „Live-Performance in Verbindung mit elektronischen Medien“ widmen. Schon lange bevor sie an die Folkwang Universität der Künste kam, um hier ihren Master zu absolvieren, bestimmten Medien und insbesondere die Kamera ihren Alltag: Nach ihrem Bachelor-Studium lebte sie vier Jahre in Berlin und beschäftigte sich dort intensiv mit der „Videokunst“.

Besonders interessant an ihrem aktuellen Projekt „Nobis Conecta #1“ ist, dass Roberta auf die klassische „Bühne“ verzichtet. Vielmehr soll das Publikum zwischen den Akteuren herumlaufen und ihnen so nah wie möglich kommen. „Sie sollen den Schweiß sehen“, so die medienbegeisterte Künstlerin. Deshalb auch die Idee bei der Aufführung Taschenlampen bereitzustellen, mit denen die Zuschauer die Darsteller jederzeit beleuchten können.

Die Handlung der Performance, die auf zwischenmenschlichen Beziehungen beruht, ist von dem Gedicht „Sou Como Você Me Vê“ („Ich bin, wie du mich siehst“) der brasilianischen Schriftstellerin Clarice Lispector inspiriert.
Text und insbesondere Titel des Gedichtes stehen wundervoll im Einklang mit der in dem Projekt vorherrschenden Dunkelheit, denn dem Zuschauer wird schnell klar: Die Akteure sollen nicht deutlich zu sehen sein. Nur selten tritt eine der Darstellerinnen ganz bewusst in einen Lichtkegel, wird „sichtbar“ und - löst damit eine Störung bei einer der beiden Kameras aus, denn diese reagieren auf Bewegungen. Die Folge: Verzerrung auf der Leinwand und laute Geräusche, ein Effekt, der das Geschehen hervorragend untermalt.

Hinzu kommt, dass jedem der Akteure eine ganz bestimmte Rolle zugeschrieben ist. Auf die Frage, welche Funktionen das im Einzelnen sind, antwortet Roberta allerdings nur mit einem Augenzwinkern: „Das sollen die Zuschauer schon selbst herausfinden…“

Charmant moderiert von Paulo Queiroz Perez ist „Nobis Conecta“ ein durchaus gelungenes und sehenswertes Projekt, das es mithilfe von großartigen DarstellerInnen schafft, die verschiedenen Bereiche der Künste miteinander zu verbinden. Der Name ist Programm!

Einen Einblick bietet das Video „Nobis Conceta #1“.


Ein Beitrag im Rahmen des Projekts „Folkwang StudiScouts“.

Foto: Roberta de Lacerda Medina

 

Lisa König / 05. September 2017