Folkwang

Folkwang… und dann?

Calvin Lennig startete 2012 sein Studium als Jazz Kontrabassist an der Folkwang Universität der Künste. 2017 spielte er sein Abschlusskonzert im Pina Bausch Theater. Während seiner Zeit in Essen arbeitete er unter anderem als StudiScout, um an die nötigen Moneten zu kommen. Heute ist er freischaffender Künstler und verdient sein Geld mit Auftritten und Studiojobs. Wie er das gemacht hat und welche Tipps er Studierenden geben würde, darüber sprach er mit StudiScout Felix Waltz.

Calvin Lennig | Foto: Simon Braun

Calvin Lennig | Foto: Simon Braun

 

Geld ist immer so ein Thema für uns Künstler*innen. Irgendwie verachten wir es und brauchen es dann nun mal trotzdem. Calvin geht es da natürlich nicht anders. In eine Arbeiterfamilie aus dem Pott hineingeboren, war er der erste in seinem Verwandtenkreis, der Abitur machte und studierte. Dass er sich selbst versorgen musste und trotz seines angehenden Musikerdaseins keine großen Zuschüsse aus dem Elternhaus bekam, stand nie zur Debatte, weil er dies auch nicht anders kannte. Also unterrichtete er, spielte ab und an Konzerte und arbeitete zudem als Folkwang-StudiScout.

Diese Jobs verknüpfte er mit einem sehr sparsamen Lebensstil. „Ich habe genau Buch geführt, alle Einnahmen und Ausgaben aufgeschrieben. Dann hatte ich nach Fixkosten in der Woche ca. 50 Euro übrig. Da merkt man auch schnell, wie teuer es sein kann, wenn man mal in die Kneipe geht.“


Gigs, Jams & der Flow

Die Anzahl der Konzerte stieg während des Studiums stetig an. Zwei wöchentliche Steadygigs hatte Calvin ab dem dritten Jahr. Alle weiteren Anfragen hinzugerechnet, erreichte er zum Ende des Studiums eine Anzahl an Auftritten, die ihm aufzeigte, dass er vom Musikmachen leben könnte.

Einen konkreten Plan hatte Calvin allerdings nie, er lebte und lebt stets nach der Devise „Go with the flow.“ Dieser Flow war es wohl, der ihn nach seinem Abschlusskonzert von Essen nach Köln hat ziehen lassen, eine große Stadt mit einer großen Jazz-Szene. Dort hat er sich einfach in den Pool aus Musiker*innen reingeworfen: „Ich war dann der Neue“, sagt er, „Ich habe mich in dieser Zeit zu vier bis fünf Jams in der Woche verabredet und mit verschiedensten Musiker*innen gespielt. Daraus entwickelten sich dann Projekte und Bands.“ Beispielsweise die Bands Soul Plant, Vibe oder Heidi Bayer's Virtual Leak – alle viel unterwegs.

Das Studium an Folkwang ist bei Calvin nach wie vor präsent. Die Dinge, die ihm beispielsweise Peter Herborn (Professor für Theorie, Arrangement & Komposition) mit auf den Weg gegeben hat, machen manchmal erst jetzt ‚klick‘. Rückblickend auf das Studium denkt sich Calvin, dass er vielleicht ein bisschen mehr Zeit für sich selbst hätte einräumen sollen. „Man arbeitet sich von Gig zu Gig und ist immer am Machen. Seit geraumer Zeit habe ich jetzt an einem Tag im Kalender entweder nur noch eine Probe oder einen Gig. Dann komme ich auch sicher dazu, für mich zu üben.“


Das Missverhältnis von Zeit & Geld

„Ich spielte im Jahr 2019 knapp 150 Konzerte. Für den Aufwand, den ich betreibe, verdiene ich umgerechnet sehr wenig Geld. Der einzige Grund, warum ich das durchhalte, ist eben, dass es Musik ist“, sagt Calvin. Die Gagen steigen dabei stetig, aber langsam, denn erst durch den Kontakt mit den etablierten Musiker*innen kommen die lukrativen Gigs.

Für Calvin steht an allererster Stelle aber auch nach wie vor der Spaß. Seine Seele verkaufen wird er also sicher nicht, auch wenn sein knappes Budget manchmal für Kopfzerbrechen sorgt, etwa wenn er mit seiner Freundin auch mal einen schönen Urlaub machen will. „In zehn Jahren wäre es natürlich ein Traum, eine Familie zu gründen, aber daran ist gerade noch gar nicht zu denken. Dafür ist das Leben jetzt gerade aber auch viel zu schön, um es aufzugeben.“

 

Hobby und Beruf vereint: Ein sichtlich glücklicher Calvin Lennig | Foto: Ursula Martyn-Ellis



Ein Rat an die neuen Studierenden

Auf die Frage, was er den neuen Studierenden rät, hat Calvin sofort eine ganz klare Antwort parat: „Wenn du tief eintauchen möchtest in die künstlerische Welt, dann umgib dich mit Menschen, die dich auf höchstem Level inspirieren. Such' den Kontakt zu Menschen, von denen du viel lernen kannst, und sei offen für verschiedenste Ansätze. Es gibt einfach diese krassen Leute, denen man stundenlang zuhören kann. Mit denen solltest du so viel Zeit verbringen, wie es irgendwie möglich ist.“

Den besonderen Vibe von Folkwang, der stets von Generation zu Generation weitergegeben wird, trägt Calvin für immer in sich beziehungsweise in die Welt, denn eines ist ihm wichtig: Dass man nie aufhört zu lernen – frei nach dem Motto: „Folkwang, und dann... ein Bier in der Arche, aber dann... genau da ansetzen, wo man aufgehört hat.“

 

Ein Beitrag im Rahmen des Projekts „Folkwang StudiScouts“.

 

Felix Waltz / 10. Januar 2020