Folkwang

Folkwang ist...in Bewegung

Film statt Theatervorstellung: Weil das diesjährige „Bewegungsprojekt“ des dritten Jahrgangs Schauspiel wegen der Corona-Pandemie nicht vor Publikum im Folkwang Theaterzentrum stattfinden kann, ist das Projekt ins Netz gewechselt: Am 25. April feiert „Gukmal“ seine Premiere als Online-Film. Wie diese Idee zustande kam und welche Herausforderungen sich bei der Projektarbeit ergeben haben – darüber sprach Folkwang mit Prof. Thomas Rascher, der das Projekt mit betreut.

Wie kam die Idee zustande, aus „Gukmal“ einen Film zu machen?

Natürlich hat uns die Absage zunächst sehr enttäuscht. Aber dann haben Lara Martelli und ich gemeinsam überlegt, wie wir mit dieser neuen Situation umgehen und das Bewegungsprojekt vielleicht doch zeigen zu können. Unsere Idee war schließlich, mit Videos zu arbeiten, aus denen ein Film entstehen sollte.

Foto: Leon Tölle
Foto: Leon Tölle

Welche Auswirkungen hatte die Kontaktsperre auf die Proben für „Gukmal“?

Die Probezeit ging regulär im März los. Die Studierenden hatten sich schon sehr darauf gefreut. Eigentlich wollten wir fünf Wochen lang in einem Raum arbeiten, als Gruppe miteinander interagieren und in Bewegung kommen. Dieser Prozess war wegen der Kontaktsperre nicht mehr möglich. Stattdessen hat jede*r Studierende von zuhause aus eigene Bewegungssequenzen in Form von Videos entwickelt.

Worum geht es in „Gukmal“?

Ausgangspunkt ist eine Forschungsreise an einen geheimnisvollen Ort, an dem fremden Wesen leben. Ausgehend von dieser Grundidee interagieren die Studierenden mit dem sie umgebenden Raum – vom WG-Zimmer, über den Dachboden bis hin zu einer Wand aus Glasbausteinen im Treppenhaus. Sie setzen sich mit ihren Körpern auseinander, spielen mit verschiedenen Lichtverhältnissen und erforschen dabei die darstellerischen Mittel des nonverbalen Ausdrucks. Uns war wichtig, aus dem Privaten herauszutreten und es so transformieren, dass etwas Künstlerisches entsteht. So haben sich auch immer wieder spannende Fragen ergeben, die wir in dem Projekt aufgreifen und die einen Bezug zur derzeitigen Lebensrealität herstellen: Wie gehst du mit der Situation um? Was bedeutet Isolation für dich? Wie wirken sich die Einschränkungen auf dich aus? Und welche physische Umsetzung kannst du für diese Gedanken, Gefühle und Eindrücke entwickeln? Aus einem Gefühl zum Beispiel des beengt Seins entsteht eine Bewegung, die weiterverfolgt und zu einer Sequenz entwickelt werden kann.

Foto: Susanne Blodt
Foto: Susanne Blodt

Was waren die größten Herausforderungen während dieses Prozesses?

Bei einer Stückentwicklung fangen wir immer bei null an. Aber jetzt mussten immer wieder neue Probleme bewältigt werden. Da waren einerseits die technischen Aspekte: Nicht jede*r hat eine Video-Kamera oder ein gut funktionierendes W-LAN zuhause. Nicht jede*r kann sich sofort vor den Laptop setzen und mit der neuen Situation umgehen. Andererseits mussten wir die Lebensrealität der Studierenden aber auch auf anderen Ebenen akzeptieren: Die größte Herausforderung war für uns, dass wir nicht gemeinsam in einem Raum an einem Stück arbeiten konnten, sondern jede*r abgetrennt für sich etwas entwickeln musste. Wir, die Lehrenden, waren in kurzen Gesprächen zwischendurch mit den Studierenden in Kontakt. Es gibt viele Wege einer Stückentwicklung. Aber bei unserem Projekt geht es immer um die gegenseitige Inspiration, das miteinander Erleben und voneinander Abnehmen, das spontane Reagieren auf einen Impuls, der sich gerade im Raum ereignet und die anschließende Reflexion darüber. Diese Herangehensweise mussten wir von Anfang an aufgeben und neue Wege erfinden.

Wie ist schließlich der Film entstanden?

Zunächst haben wir die große Fülle an Videomaterial gesichtet und daraus den roten Faden des Films entwickelt. Für den Schneideprozess hat sich die Gruppe in kleine Teams aufgeteilt. So konnte jede*r von zuhause aus an einzelnen Schnittsequenzen arbeiten. Das Ergebnis ist ein 30-minütiger Film, den wir am 25. April ab 18.00 Uhr über unseren Vimeo-Kanal zeigen. Ich bin gespannt auf die Resonanz der Zuschauer*innen – auch wenn dieser virtuelle Zugang immer noch etwas surreal ist.

Foto: Susanne Blodt
Foto: Susanne Blodt

Wie haben Sie die Auswirkungen der Corona-Krise am Folkwang Theaterzentrum erlebt?

Der spontane Reflex sagt, dass wir im darstellenden Bereich nicht digital arbeiten und unterrichten können. Wir brauchen den direkten Kontakt, den Dialog im realen Raum, auf der Probebühne. Schließlich kam aber auch die Einsicht, dass mit einer Offenheit für die Ausnahmesituation, wie wir sie derzeit erleben, auch interessante neue Ideen entstehen. Es ist Teil unseres künstlerischen Selbstverständnisses, sich auf den gegenwärtigen Moment einzulassen und damit umzugehen. Und ich sehe die Lehrenden auch in einer gewissen Vorbildfunktion für die Studierenden, die Herausforderungen konstruktiv anzunehmen und sich in das Neue einzuarbeiten. Wir sitzen gerade alle gemeinsam wieder auf der Schulbank und lernen miteinander und voneinander, mit diesen Auswirkungen um zu gehen.

Kristina Schulze, Hochschulkommunikation

Zum Trailer geht es hier: