Folkwang

Die Orestie am Düsseldorfer Schauspielhaus

Am 14. September 2017 wird am Düsseldorfer Schauspielhaus die Premiere der ,,Orestie" stattfinden. Mit dabei sind auch sieben Folkwang Studierende des FB 3 (Emily Dilewski, Alejandro Nicolás Firlei Fernández, Nico Hartwig, Milena Haunhort, Jan Hille, Benjamin Hoffmann, Mirjam Kuchinke).

Um einen genaueren Einblick in die Arbeit an einem professionellen Theater zu bekommen und zu erfahren, was solch ein Projekt dem/der jeweiligen DarstellerIn persönlich bringen kann, haben die Folkwang StudiScouts Nico Hartwig, Musicalstudent 4. Semester an der Folkwang Universität der Künste, interviewt.

Nico Hartwig

Nico Hartwig

 

1. Du wirkst aktuell an einer Produktion der Orestie am Schauspielhaus Düsseldorf mit. Hast Du Dir das Berufsleben so vorgestellt? Inwiefern unterscheidet es sich von deinen Vorstellungen?

Naja, wie der Theateralltag abläuft: Also Proben von 10 bis 14 Uhr und von 18 bis 22 Uhr, das wusste ich schon vorher aus anderen Projekten. Dennoch ist die Arbeit in Düsselorf nochmal eine Umstellung. Man muss jeden Tag von Essen dorthin pendeln, was einerseits schön ist, da man auch mal aus Werden raus kommt. Andererseits ist es anstrengend, weil das Hin- und Herfahren neben den Proben eben auch viel Kraft kostet.

Besonders überrascht und auch fasziniert bin ich von Simon Solbergs Art mit uns zu arbeiten. Seine Ideen und der Prozess bis hin zur Findung dieser Ideen und Konzepte, fasziniert und inspiriert unheimlich! Alles ist sehr offen und beweglich. Außerdem werden wir zu einem großen Teil mit in den Prozess eingebunden. Das kenne ich in diesem Maße aus dem Bereich Musical nicht.

Auch die Tatsache, dass tatsächlich drei völlig verschiedene Sparten innerhalb des Projekts vertreten sind, Schauspieler, Musicals und Opernsänger, bringt immer wieder Überraschungen mit sich.


2. Welche Aufgaben übernimmst Du dort?

Da ich Teil des Chores bin, geht es vor allem um chorisches Sprechen und Singen.

Dabei haben wir jedoch viel Freiraum im Entwickeln. Oft kommt man an die Grenzen der eigenen Kreativität. Doch, obwohl wir sehr stark gefordert sind, fühlt man sich nicht überfordert. Es bleibt spannend!


3. Wie hast Du Dich vorbereitet?

Zu Beginn des Projekts hat uns der Dramaturg die Peter Stein Fassung des Stücks zugeschickt. Diese habe ich mir durchgelesen. Weitere Anweisungen gab es zunächst auch gar nicht, da man alles gemeinsam innerhalb der Probenzeit entwickelt und auch immer wieder Dinge verändert werden.


4. Hast Du bereits zuvor Theatererfahrung gesammelt?

Während meiner Schulzeit hatte ich bereits mehrere Engagements am hessischen Landestheater Marburg. Dort war ich vier Jahre lang Teil des Jugend- und Tanztheaters.

Außerdem hatte ich die Möglichkeit in vier verschiedenen Musicals, sowohl als Tänzer, als auch als Sänger und Schauspieler mitzuwirken.

Durch meine Arbeit am Theater lernte ich, innerhalb einer Produktion dem Konzept der Regie zu folgen und dabei dennoch frei im Spiel zu bleiben.

Meine Verbundenheit und Liebe zum Theater brachte mich auch erst auf die Idee Musical Darsteller werden zu wollen. Neben der Schule ging ich bis zu fünf Mal pro Woche zum Tanzunterricht. Erst seitdem ich an Folkwang studiere habe ich professionellen Gesangsunterricht.

Ich denke, dass mich meine in der Jugend gesammelten Erfahrungen am Theater sehr geprägt und weiter gebracht haben.


5. Wie sieht der Tagesablauf innerhalb Deines Engagements aus?

Neben den Standard- Probenzeiten am Theater (10 bis 14 Uhr und 18 bis 22 Uhr) bleibt eigentlich relativ wenig Raum für Freizeit, da man in den Pausen entweder noch den Text für die nächste Probe vorbereiten muss oder zum Unterricht zurück in die Uni fährt.


6. Was gefällt Dir besonders gut?

Die Vielfalt und die flexible Zusammenarbeit aller Bereiche des Theaters.

 

7. Gab es bis jetzt unerwartete Herausforderungen?

Obwohl es kein Musical ist, vereinen sich sämtliche Fähigkeiten, die wir im Studium trainieren innerhalb dieses Projekts. Dadurch haben wir sehr viel zu tun, aber das ist auch schön.

Jeder hat zudem seinen solistischen Moment, was bei einem Chor Engagement vorher nicht unbedingt zu erwarten war.


8. Was bringt dieses Projekt Dir persönlich?

Für mich ist die Orestie ein Blick über den Tellerrand hinaus in die Realität und Arbeitswelt.

Es ist ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Ausbildung, das Handwerk nicht nur zu erlernen, sondern auch zu lernen, es in realen Situationen zu benutzen.

Ich merke dann immer für mich selbst, wie viel ich schon gelernt habe und, was ich alles noch lernen kann - eine große Motivation für das weitere Studium! Das Handwerk allein macht eben noch nicht die Kunst. Solche Projekte hingegen wandeln es für mich zu Kunst um.


Was für mich auch sehr interessant und bereichernd ist: die verschiedenen Disziplinen wie Schauspiel und Gesang durch meine Kollegen in ihrer puresten Form mitzubekommen. Als Musical Darsteller muss man in seinen Fähigkeiten sehr breit aufgestellt sein. Mit Menschen zu arbeiten, die sich so sehr spezialisieren, bringt mich als Darsteller weiter.


9. Inwiefern unterscheidet sich die Orestie von Uni Produktionen?

Ich denke, dass man in einer professionellen Theaterproduktion an einem öffentlichen Haus anders gesehen und wahrgenommen wird. Das Publikum besteht aus Menschen, die nicht in irgendeiner Weise mit Folkwang in Verbindung stehen und unseren individuellen Werdegang nicht kennen. Sie treten uns unvoreingenommen gegenüber. Sie sind teilweise kritisch und wir haben keinen ,,Uni-Schutz". Dadurch rückt meiner Meinung nach aber die Geschichte viel stärker in den Fokus. Solch ein Engagement dient eben nicht der Verfestigung verschiedener Fertigkeiten einzelner Personen, sondern legt ausschließlich Wert auf die professionelle Anwendung des Gelernten. Man ist also im Berufsalltag angekommen.


10. Hast Du das Gefühl innerhalb des Theaterbetriebs Deinen Platz gefunden zu haben?

Ich muss sagen, dass es mich überrascht, wie interessant und einzigartig diese Arbeit auf mich wirkt.

Mir gefällt die Interpretation des Stückes und ich habe Spaß am Entwickeln.

Obwohl ich mich am Schauspielhaus sehr wohl fühle, möchte und kann ich mich allerdings nicht festlegen. Mich reizt das Theater als Arbeitsplatz aber generell, ein Repertoiretheater als kreative Werkstatt.

 

Foto: Ian Siepmann Baum

Ein Beitrag im Rahmen des Projekts „Folkwang StudiScouts“.

 

Emily Dilewski / 13. September 2017